stille hunde
stille hunde theaterproduktionen
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I. Stücke im Abendprogramm / Komödien / Klassiker / Stücke für Kinder / Stücke für Jugendliche

II. Literatur auf der Bühne: Szenische Lesungen / Lyrik & Prosa, Episches & Dramatisches, gemischt / Deutsche Klassik / Krimi, Abenteuer & Co / Gothic Novels / Satirische Texte / Erotische Erzählungen / Novellen / Märchen / Lyrik

III. Theaterpädagogische Angebote / Projektwoche für Grundschulen: Theaterparcours / Zweijährige Weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer: Darstellendes Spiel für die Sekundarbereiche I + II

IV. Archiv 2008 - 2019

 

 

I. Stücke im Abendprogramm

 

Komödien


Marzipanschweine

Eine Nebenzimmerkomödie
  

Der Gebrauchtwagenhandel läuft bescheiden, und er hat eine Ex und zwei Kinder zu alimentieren. Trotzdem lässt Jens es sich nicht nehmen, seine Hochzeit mit Janine in großem Stil zu feiern. Mit von der Partie im luxuriösen Landhaushotel ist sein Bruder Olaf, den die Erinnerungen an die verstorbene Liebe seines Lebens verfolgen. Gar nicht in Feierlaune versteckt er sich im Nebenzimmer des Festsaals, wo ihn Jens im Laufe des Abends aufspürt, um ihn mit einer Brautjungfer zu verkuppeln. Während sich vor der Tür die Gäste zu Polonaisen und anderen Desaster formieren, kommen die ungleichen Brüder erst ins Gespräch, dann in Streit über das, was im Leben zählt, und das, was wirklich nicht sein muss: Pimp-a-Bride-Agenturen, Mamas Meinung, Bettwanzen und eine Braut, die haut.

 


Schwalbe, du Mädchen!

Chronik eines Kreisligaspiels, Musik von Leon Hast

 

Champions sind sie wahrhaftig nicht, die Kicker, die vom Ex-Fußballprofi Schepek trainiert werden. Ganz im Gegenteil. Keiner von ihnen scheint für den Rasen geboren zu sein, weder der zentnerschwere Verteidiger Gabler, noch der ängstliche Möhlich, weder der Gelfrisurenfreund Kordes noch die beiden testosterongetriebenen Stürmer Radic und Possmann. Und auch der namenlose Rest der Gurkentruppen macht dem Vereinssponsor keine Ehre und erst recht keine Freude. Dabei würde Harry Seele fast alles für einen Sieg geben. Tatsächlich zieht der skrupellose Fußballfreund hinter den Kulissen gewaltig die Strippen, besticht mit Geld und guten Worten fast alle und jeden. Leider ist wahre Hingabe an den Sport nicht in jedem Fall käuflich und so spitzt sich nicht nur das Geschehen auf dem Spielfeld, sondern auch abseits der Öffentlichkeit dramatisch zu, und Harry Seele droht über die Unfähigkeit seiner Spieler, eine Saunabekanntschaft mit Edelrassehund, die Migräneanfälle der Ehefrau und die ponyhofbesessene Tochter schier den Verstand zu verlieren.

 

In ihrer „Chronik eines Kreisligaspiels” werfen Stefan Dehler und Christoph Huber satirische Schlaglichter auf die treibenden Kräfte in einer fiktiven Fußballprovinz: In den Rollen des Trainers Schepek und des Vereinssponsors Harry Seele reden und schweigen sie in zweimal 45 Minuten über alles, was ihre Helden bewegt: die Aussichtslosigkeit, mit rein sportlichen Kräften ein Spiel zu gewinnen, das Gel in den Haaren der Spieler, Abseitsfallen und die verpassten Torchancen des Lebens.

 

Pressestimme

 


Hammerschlag und Muffensausen

Heimwerkertragödien

  

Nichts kann so zerstörerisch für eine Ehe sein wie die Liebe eines Mannes zu seinem Schwingschleifer. Und nichts so lebensbedrohlich wie der Ehrgeiz, stockbesoffen auf Bierkästen balancierend eine Vereinsfahne über der Tür anzunageln. Nichts ist so kopfzerbrechend wie das Gewicht eines Hängeschranks, der von nicht fachmännisch eingedrehten Schrauben gehalten wird. Aber ebenso kopfzerbrechend kann auch eine simple Rechenaufgabe sein, wenn es gilt, die Anzahl von benötigten Fliesen pro Quadratmeter zu ermitteln. Die Welt der Heimwerker ist eine tragische, ganz gleich, was die Werbung der Baumärkte auch immer verspricht. Wasserschäden und Stromschläge, zersplitterte Kacheln, stürzende Schrankwände, absackende Terrassen, windschiefe Gartenhäuser und wackelnde Zäune sind die traurige Wahrheit.


Von Könnern, heimlichen Tricksern und unheimlichen Versagern, vor allem aber von den dramatischen Folgen der Leidenschaft fürs Selbermachen erzählen Stefan Dehler und Christoph Huber an diesem Abend. Zur Sprache kommen ganz nebenbei auch Einsatzmöglichkeiten chinesischer Duschkopfplagiate, die Misere unlesbarer Gebrauchsanweisungen und die Nützlichkeit von handtaschengroßen Werkzeug-Sets.

 


 

 

 

Klassiker / Klassikerberarbeitungen


Faust

Szenische Lesung mit Puppen nach der Tragödie von Johann Wolfgang von Goethe in Einfacher Sprache

 

Die Stoßseufzer des Gelehrtes Heinrich Faust sind erhört worden. Der Teufel Mephistopheles, der mit Gott eine Wette über die Verführbarkeit des Menschen abgeschlossen hat, stellt sich bei Faust zu Besuch ein und macht ihm ein Angebot: Er will dem über der akademischen Forschung über den Ursprung alles Existierenden müde und verzweifelt gewordenen Doktor die Geheimnisse der irdischen Welt offenbaren. Als Gegenleistung erbittet er sich die Seele des Alten nach dessen Tod. Faust willigt ein. Mephisto führt ihn zunächst in ein Wirtshaus, wo dem Trunk und der Geselligkeit ausgiebig gehuldigt wird. Die Späße, die der Teufel dort mit den Gästen treibt, können den Alten jedoch nicht begeistern, und so ordnet der Teufel Faust zunächst eine Verjüngungskur in einer Hexenküche an. Erstarkt und verschönt wird Faust nun ein leichtes Opfer seiner wiederbelebten Begierden. Auf dem Domplatz begegnet er dem Mädchen Margarethe, in das er sich Hals über Kopf verliebt. Mephisto erhält nun Befehl, Faust Zugang zu der Naiven zu verschaffen, old boy meets young girl, und so nimmt das Unheil seinen Lauf.


Eine gute Dreiviertelstunde rezitieren Stefan Dehler und Christoph Huber einen liebevoll nachgedichteten und dramaturgisch vereinfachten Text mit ein paar originalen Goethe-Einsprengseln. Mit viel Witz und Mut zum Puppentheaterspaß stellen sie so das gewichtige Drama vom Kopf auf die Füße und machen den Ursprung von Goethes Inspiration, das Volksbuch und die Puppenbühne, aufs Lustvollste kenntlich. Wer schon immer wissen wollte, um was es bei der Tragödie erster Teil im Wesentlichen geht, der kommt hier auf seine Kosten. Ohne Philosophisterei, Philosophie oder sonstige akademische Spitzfindigkeiten. Na ja, fast ohne. 

 


Eine Weihnachtsgeschichte

nach der Erzählung von Charles Dickens

 

Herr Scrooge arbeitet hart für sein Geld und hat nichts zu verschenken. Nichts und niemandem. Auch nicht zu Weihnachten. Da schon gar nicht. Herr Scrooge hält das Geschenkemachen nämlich grundsätzlich für eine unverantwortliche Geldverschwendung. Er spart lieber. Verständlich, dass Herr Scrooge keine Freunde hat. Und so sitzt er am Weihnachtsabend alleine in seiner ungeheizten Wohnung. Alleine? Nein, nicht ganz. An diesem Abend kommen ungebetene Besucher - und als die wieder verschwunden sind, ist Herr Scrooge ein anderer Mensch geworden…

 

stille hunde hat aus der berühmten Geistergeschichte von Charles Dickens ein raffiniert konstruiertes Zwei-Personen-Stück gemacht, das die Geschichte von der wundersamen Wandlung des boshaften Ebenezer Scrooge durch die Geister der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft satirisch zugespitzt auf die Bühne bringt.

 

Pressestimme 

 


 

 

Stücke für Kinder


Der gestiefelte Kater

Stück für Kinder ab 4 Jahren

nach dem Märchen der Brüder Grimm

 

„Wie der Herr, so das Gescherr”, behauptet der Volksmund und hat dabei - Gott sei Dank - nicht immer recht. Denn im Falle praktischer Klugheit kann es vorkommen, dass der Diener dem Herrn überlegen ist. Eines der prominentesten Beispiele dafür ist der märchenhafte Kater, der - ausgestattet mit einem Paar schöner Lederstiefel - seinen Besitzer zu Einsicht, Grundbesitz und Krone bringt, ohne dass dieser so ganz versteht, wie ihm geschieht.

 

Stefan Dehler und Christoph Huber erzählen die berühmte Geschichte, die als eines der Märchen der Brüder Grimm in den Kanon der Weltliteratur eingegangen ist, mit einer ganzen Reihe origineller Theatermittel als Paradebeispiel tierischer Schlauheit und menschlicher Einfalt nach.

 


Kalif Storch

Stück für Kinder ab 4 Jahren

nach dem Märchen von Wilhelm Hauff

 

Wo die Wirklichkeit Grenzen setzt, eröffnet die Magie Wege. Der Kalif von Bagdad wagt den Schritt in das Reich des Fantastischen, als er einem fliegenden Händler eine Droge abkauft, das ihn und seinen Wesir in Störche verwandelt. Der Zauber gerät jedoch zum Albtraum, denn die beiden vergessen das Wort, das ihnen die menschliche Gestalt zurückgeben kann. Der Kalif muss erkennen, dass er Opfer der Intrige eines bösen Magiers geworden ist, der die Herrschaft an sich reißen will. Kalif und Wesir bleibt nichts anderes übrig, als sich in ihr Schicksal zu fügen. Die Reise, auf die sich die Verwandelten nun begeben, führt sie jedoch auf verschlungenen Pfaden zurück zu Ansehen, Macht und Glück: zuerst in die Behausung einer in eine Eule verwandelten Prinzessin, dann zum geheimen Schlupfwinkel des Magiers und schließlich in Menschengestalt wieder nach Bagdad.


Stefan Dehler und Christoph Huber erzählen Wilhelm Hauffs berühmte Orientfantasie mit Mitteln des Figurentheaters nach.
 


Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat

Stück für Kinder ab 4 Jahren

nach dem Bilderbuch von Werner Holzwarth und Wolf Erlbruch

 

Geschichten sind ein wunderbares Geschenk. Vor allem, wenn sie von einem Tier berichten, das man so gut wie nie sehen kann, weil es im Verborgenen lebt und nur ganz selten ans Tageslicht kommt. Ein Tier wie ein Maulwurf beispielsweise. Wenn einem solchen Tier auch noch etwas Aufregendes passiert, dann ist es eine fast schon perfekte Geschichte. Und so beginnt sie: Der kleine Maulwurf schaut gerade aus seinem Hügel heraus, um nachzusehen, ob die Sonne schon aufgegangen ist. Da fällt etwas vom Himmel. Es ist rund und braun und sieht ein bisschen wie eine Wurst aus. Und das Schlimmste: Es fällt ihm auf den Kopf. Weil das, was ihm da auf den Kopf gefallen ist, überhaupt nicht dahin gehört, ist der Maulwurf sehr wütend. Er will wissen, wer ihm auf den Kopf gemacht hat, und begibt sich auf den Weg, um den Übeltäter zu finden. Jedes Tier, das ihm begegnet, wird verhört und muss seine Unschuld augenfällig beweisen...

 

Christoph Huber und Stefan Dehler haben mit viel Spielwitz und einfachen Theatermitteln aus dem Kult-Bilderbuch ein anarchisches Stück Clowntheater gemacht, das nicht nur den kleinen Zuschauern gefällt, sondern auch Erwachsenen Spaß macht. Das Duo zeigt seine freche Bühnenfassung nun schon seit über zehn Jahren in Göttingen und als Gastspiel im In- und Ausland.

 


Cowboy Klaus und das pupsende Pony

Stück für Kinder ab 4 Jahren

nach dem Buch von Eva Muszynski und Karsten Teich

 

Zu einem richtigen Cowboy fehlt Klaus noch einiges. Richtige Cowboys schlafen nämlich nachts am Lagerfeuer und trinken Kaffee aus Blechtassen. Klaus schläft nicht am Lagerfeuer, sondern im Federbett und er trinkt aus einer Porzellantasse mit Blümchenmuster. Seine Arbeit ist auch nicht das Kühetreiben, sondern findet auf den Feldern seines Bauernhofs statt. Natürlich stinkt ihm das. Als es ihm eines Tages bei der Maisernte besonders stinkt, entdeckt er auf einmal ein Pony, das mitten im Feld steht, Maiskolben frisst und pupst. Klaus ist glücklich. Ein solches Reittier kann er gut gebrauchen, wenn er seinem Traum vom Cowboyleben ein Stück näher kommen will. Leider lässt sich das Pony nicht einfach so reiten, sondern rast mit Klaus davon, um ihn irgendwo draußen in der Wüste vor die Füße eines Fremden zu werfen...

 

„Cowboy Klaus und das pupsenden Pony" ist der erste Band einer erfolgreichen Reihe von satirisch gefärbten Geschichten, die das Autorin-Grafiker-Gespann Eva Muszynski und Karsten Teich für Erstleser konzipiert haben. Stefan Dehler und Christoph Huber haben das Abenteuer des Möchtegerncowboys mit dem pupsenden Pony und seinem wahren Besitzer nun erstmals auf die Bühne gebracht.

 


Käpten Knitterbart und seine Bande

Stück für Kinder ab 4 Jahren

nach dem Bilderbuch von Cornelia Funke und Kerstin Meyer

 

Wer würde nicht gerne einmal Pirat sein, mit vollen Segeln in See stechen und ehrliche Seeleute ausrauben? Damit auch alles genau so geschieht, wie man es sich vorstellt, müsste man allerdings der Anführer der Bande sein. Dazu braucht man ein langes Messer, eine Pistole, eine angsteinjagende Brüllstimme und einen schaurigen roten Bart - ganz so wie der gefürchtete Käpten Knitterbart. Allerdings sollte man eines nicht tun: Kleine Mädchen überfallen. Das hat der Käpten Knitterbart nämlich getan, und das war sein größter Fehler...

 

stille hunde geben der bekannten Bilderbuchgeschichte einen herrlich ironischen Dreh, wenn sie - scheinbar ganz ohne Absicht - in lustvollem Streit eine abenteuerliche Männerfantasie in eine Geschichte der mutigen und starken Frauen verwandeln.

 


 

 

 

 

Stücke für Jugendliche


Die Besserung

nach Berichten ehemaliger Häftlinge des Jugendkonzentrationslagers Moringen

 

Als die Jugendlichen Wilhelm und Franz 1942 im Konzentrationslager Moringen inhaftiert werden, schwören sie sich Freundschaft. Der Terror des Lagers trennt sie. Fünfzig Jahre später schreibt Franz auf dem Sterbebett einen Brief an den einstigen Mithäftling. Was er nicht weiß: Wilhelm ist längst verstorben. Der Brief, der nicht zugestellt werden kann, erweist sich als schweres Erbe für die Söhne der beiden ehemaligen KZ-Insassen. Zwei Männer, die sich vorher nie begegnet sind, beginnen, über die Jugend ihrer Väter in der NS-Zeit zu sprechen.

 

Das rund einstündige Stück, das in Kooperation mit der KZ-Gedenkstätte Moringen entstand, ruft die Geschichte des niedersächsischen Lagerortes Moringen ins Bewusstsein und greift mit einem Fallbeispiel aus der regionalen Geschichte das Thema „Jugend im faschistischen Deutschland“ auf. „Die Besserung“ schildert die Schicksale zweier von den faschistischen Behörden als „asozial“ eingestufter, jugendlicher Insassen. Eingebettet ist diese Erzählung in einer Rahmenhandlung, in der zwei Söhne sich mit den traumatischen Lebenserfahrungen ihrer Väter auseinandersetzen. Damit bringt das Stück eine lange verschwiegene und vergessene Einrichtung der Nationalsozialisten in Südniedersachsen, der während der NS-Zeit überregionale Bedeutung zukam, wieder in Erinnerung, thematisiert die Verletzung der Menschenrechte während des Terrorregimes der Faschisten und problematisiert das Kriterium des „Asozialen“, das in der Mehrzahl der Fälle zur Inhaftierung von jugendlichen Männer in Moringen führte. Daneben wird gezeigt, dass die Opfer in der Extremsituation des Lagers moralische und soziale Vereinbarungen untereinander aufgeben - um zu überleben.

 

Stücktext:

stille hunde STUECKTEXT Die Besserung.pdf
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II. Literatur auf der Bühne: Szenische Lesungen

 

Lyrik & Prosa, Episches und Dramatisches, gemischt


Rotkäppchenvariationen

Ein satirischer Streifzug durch die Bestände

 

Wer kennt sie nicht, die Erzählung vom Mädchen mit der roten Kappe, das eines Tages von einem Wolf gefressen wird? Immerhin gehört die Geschichte ja zu den bekanntesten der Brüder Grimm und gilt als Inbegriff der deutschen Märchenkultur. Nur wenige wissen aber, dass das berühmte Rotkäppchen und sein Widersacher, der Wolf, einen Migrationshintergrund haben: Tatsache ist, dass die beiden ursprünglich aus Frankreich stammen und erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland beheimatet sind. Seither haben Rotkäppchen und der Wolf im deutschsprachigen Sprachraum eine steile Karriere gemacht, die noch lange nicht beendet ist. Denn beide Helden haben immer wieder ihre Kostüme gewechselt, und ihre Geschichte ist in immer neuen Variationen nacherzählt wurde - von berühmten ebenso wie unbekannten Autorinnen und Autoren.

 

Stefan Dehler und Christoph Huber haben die Bestände der historischen und neueren Nachdichtungen gesichtet und stellen in ihrer szenischen Lesung die besten der von ihnen aufgespürten Fassungen vor.

 


Das Literarische Roulette: Ritter, Tod und Teufel

Ausgeloste Weltliteratur und sonstige Poetry

von drachentötenden Recken bis zum Hexeneinmaleins

 

Lyrik und Prosa, Helles und Schnelles, Ganzes und Halbes, Geistesblitze und schwere Brocken von Goethe, Shakespeare & Co haben stille hunde unter dem Motto "Ritter, Tod und Teufel" aus den alten und nicht ganz so alten Beständen der Literaturgeschichte zusammengetragen. Neben Meisterwerken sind gerechterweise auch Produkte gemäßigterer Talente und tolldreister Dilettanten dabei. Die Programmfolge des Abends ist aber erfreulich offen: Der Zufall entscheidet, was wann präsentiert wird. Die Vortragsexperten liefern sich und ihr Publikum an diesem Abend dem Spielglück aus - allerdings mit der Versicherung: „Jede Zahl gewinnt!“. Also: Hören und genießen oder staunen. Es kommt, wie es kommt. Und das ganze 90 Minuten lang.

 


Das Literarische Roulette: Boys & Girls

Ausgeloste Weltliteratur und sonstige Poetry

von One-Night-Stands bis zur ewigen Liebe

 

Was wäre die Weltliteratur ohne das Thema der Paarbeziehung? Auf jeden Fall geringer. Stefan Dehler und Christoph Huber haben sich mit einem Teil des verbleibenden größeren Teils beschäftigt und Gereimtes und Ungereimtes, Winziges und Gewaltiges, Farbechtes und Verblichenes, mal zarte, mal wilde, mal komische und mal tragische Beiträge zum Thema "Boys & Girls" von Abraham a Sancta Clara bis Stefan Zweig zusammengeklaubt. Was davon am Abend zu Gehör kommt, bleibt allerdings - passend zu Liebesdingen - ganz dem Zufall überlassen. Publikum und Vortragende sind auf Gedeih und Verderb der Glücksgöttin ausgeliefert. Aber wer weiß? Vielleicht trifft der eine oder die andere so auf den Text seines oder ihres Lebens. 90 Minuten lang hat er oder sie die Chance dazu.

 


Das Literarische Roulette: Sex & Crime

Ausgeloste Weltliteratur und sonstige Poetry

von Lust und Laster, Gift und Dolch, Knall und Fall 

 

Ein Schuss und Schluss. Besser ein Messer! Liebe ist das schlimmste Gift, sagt man so, wen’s halt betrifft. Gute 90 Minuten lang präsentieren Stefan Dehler und Christoph Huber schwergewichtige wie leichthändig fabrizierte Fundstücke aus den Kriminalarchiven und Giftschränken der Weltliteratur. In ihrer Auswahl haben sie neben erhellend grausigen Studien der Altmeister/innen auch kriminelle Machwerke weniger bedeutender Schreiber/innen berücksichtigt. Allerdings wird an dem Abend nicht alles zum Vortrag zugelassen. Das Sammelsurium der großen und kleinen, lyrischen und prosaischen Texte wird durch das Losglück am Abend konsumentenfreundlich eingedampft. Es gilt: Der Zufall bestimmt das Programm. Was die Spannung erhöht.

 


Das Literarische Roulette: Letzte Worte

Ausgeloste Weltliteratur und sonstige Poetry

von Winnetous Vermächtnis bis zu Effis letztem Seufzer

  

Was schrie Kapitän Ahab, bevor ihn der weiße Wal auf Nimmerwiedersehen in die Tiefen des Meeres zog? Wem galt der letzte Gedanke des edlen Apachenhäuptlings Winnetou? Was stöhnte Effi Briest auf ihrem Sterbebett? Stefan Dehler und Christoph Huber haben die letzten Worte von 36 Figuren des internationalen Literaturschaffens zusammengetragen - Gestalten aus allen Epochen und Genres, von Krimi bis Drama, von Schundroman bis Schullektüre. Kalt bis ans Herz überlassen sie die Vermächtnisse dem Zufall. Wessen finaler Stoßseufzer, ultimatives Geständnis, wessen Forderung oder letzte Ermahnung zu Gehör gebracht wird, liegt nämlich in den Händen des Publikums, das die Reihe der literarischen Finales per Los bestimmt. Dabei gilt: „Jeder Zahl gewinnt!”, denn die beiden vortragenden Testamentsverwalter nutzen jeden Moment für krokodiltränenreichen tragischen Witz und schreiend komische Rührung. Die Literaturperformance endet punktgenau nach 90 Minuten.

 


Das Literarische Roulette: Die besten Bücher

Ausgeloste Weltliteratur und sonstige Poetry

von Perlen bis zu Papiertigern

 

Unter dem Motto "Die besten Bücher" haben Stefan Dehler und Christoph Huber sogenannte und tatsächliche Meilensteine aus dem Fundus der Literaturgeschichte zusammengesucht, Wegweisendes und Irrlichter, Gereimtes und Ungereimtes, Populäres und Elitäres, Gefälliges und Skandalöses - insgesamt 36 längere und kürze Auszüge aus Romanen, Erzählungen und Gedichtbänden aller Epochen und Genres Das gut hundertzwanzigminütige Programm des Abends wird aus dieser Auswahl gelost. Das Glück entscheidet also, was wann vorgetragen wird, ob Jahrhundertgenies zu Wort kommen oder deutlich kleinere Geister mit ihren Werken vorgestellt werden, ob der Glöckner von Notre Dame sich nach der schönen Esmeralda verzehrt, Lady Chatterley sich in die Hütte des Wildhüters schleicht, Alice das weiße Kaninchen verfolgt, Tom Sawyer einen Zaun streichen lässt oder Wachtmeister Studer einem Einfall nachsinnt. Mit Sicherheit ergibt das Verfahren einen bunten, überraschenden Mix, auf den man sich freuen darf. Auf jeden Fall gilt: "Jede Zahl gewinnt!". Zumindest, wenn die beiden Vortragskünstler selbstlos ihr Bestes geben. 

 


Das Literarische Roulette: Arbeit, Arbeit über alles

Ausgeloste Weltliteratur und sonstige Poetry

von der süßen Last des Schaffensrausches bis zur Knechtschaft im Dienst des Kapitals

  

Arbeit, der Gottesfluch, der uns das Brot im Schweiß unseres Angesichts essen lässt, und Arbeit als museninspirierte höchste Lust der Kreativität: gelobt, gehasst, geschmäht, geliebt. Stefan Dehler und Christoph Huber verfolgen den schillernden Begriff bis tief in die Abgründe der Literaturgeschichte und lassen Autorinnen und Autoren aller Epochen zu Wort kommen - in Lyrik wie in Prosa. Mal sind es ausgewiesene Sachverständige, die von Glanz und Elend des freiwilligen wie unfreiwilligen Arbeitens berichten, mal sind es die Naiven, Träumer und Idealisten, die sich des Themas angenommen haben. Ein Abend, der den Plantagensklaven neben den Bankier stellt, die Arbeitshäuslerin neben die Universitätsprofessorin, das Epos neben das Kurzgedicht, den Aphorismus neben das Drama. Insgesamt 36 Texte liegen zur Präsentation bereit und erwarten ihr Los. Die Auswahl des Abends überlassen die beiden Bühnenakteure nämlich zuversichtlich dem Zufall. Abgearbeitet wird, was gezogen wurde. Und das 90 Minuten lang. Denn auch der heißeste Schaffensrausch muss ein Ende haben.

 


 

 

 

Deutsche Klassik


Reineke Fuchs

Szenische Lesung der Verserzählung von Johann Wolfgang Goethe

 

Fuchs bleibt Fuchs, und Gänse wird er stehlen, solange er lebt. Das Offensichtliche dieser Tatsache versteht der schlaue Held der Geschichte aber auf wundersame Weise immer wieder zu verschleiern. So gut beherrscht er die Spielregeln der Gesellschaft, so gut kennt er sich aus im Zwischentierischen, so sehr ist er Meister der Lüge und Manipulation, dass er sich keine Sorgen um sein Wohlergehen zu machen braucht. Zwar häufen sich die Klagen seiner Neider und Opfer beim König der Tiere, aber stets finden sich auch gut bezahlte Anwälte, die seine Sache ins beste Licht zu rücken verstehen. Den Bogen scheint Reineke aber überspannt zu haben, als auf einer Versammlung der Tiere die Präsentation einer gemeuchelten Henne keinen Zweifel mehr am verbrecherischen Charakter des Fuchses offen lässt. Der Löwe sieht sich gezwungen, gegen Reineke vorzugehen. Die königlichen Abgesandten jedoch sind allesamt dem Beschuldigten nicht gewachsen. Mit immer neuen Kniffen und Tricks lässt die der Fuchs in Fallen tappen und entkommt. Am Ende hat er nicht nur seine Gegner überwunden, sondern steht dank Geist und Witz und einer gehörigen Portion Schamlosigkeit wieder im Range eines Ehrenmannes in höchstem Amt und Würden.

 

Die Erzählung vom Räuber und Betrüger Reineke und seiner Opfer geht auf mittelalterliche, lateinische und französische Quellen zurück. Große Bekannt- und Beliebtheit erzielte im deutschsprachigen Raum der Stoff in der Fassung von Johann Christoph Gottsched, eine Übersetzung aus dem Niederdeutschen. Das Buch regte Goethe 1793 zu einer pointierten Nacherzählung in Versen an, die bis heute durch ihre literarische Kunstfertigkeit als auch die satirische Schärfe fasziniert und amüsiert. Stefan Dehler und Christoph Huber stellen Ihre Interpretation von Goethes „unheiliger Weltbibel“ in einer rund eineinhalbstündigen szenischen Lesung vor.

 


Wilhelm Tell

Szenische Lesung des Dramas von Friedrich Schiller

 

Erfunden haben sie ihn nicht, die Schweizer. Ehrlich nicht! Irgendwoher aus dem Dunkel nordischer Sagen stammt der Mann, der zur Strafe für die Unbotmäßigkeit gegenüber einem Fürsten dem eigenen Sohn den Apfel vom Kopf schießen muss. Dem auf Selbstbestimmung beharrenden Zusammenschluss von helvetischen Kleinfürsten gegen ein zur feindlichen Übernahme stets bereites Rest-Europa diente der selbstbewusste und selbstbestimmte Aufsässige unter dem Namen Wilhelm Tell dann als militantes Leitbild. Zum überzeitlichen Freiheitshelden hat den Partisanen schließlich ein vaterlandsflüchtiger Deutscher gemacht: Friedrich Schiller. In seinem letzten Drama stilisierte er den bergbäuerlichen Widerstand gegen die Herrschaftsansprüche der Habsburger zum universellen Freiheitswillen und gab damit die literarische Steilvorlage für den im Laufe des 19. Jahrhunderts aufblühenden Nationalmythos der Schweizer. Daneben bereicherte der Dichter mit seinem Actiondrama den Zitatenschatz der Deutschsprachigen um ein beträchtliches Konvolut. Heute erscheint der fiktive Held Tell selbst in der traditionsbewussten Schweiz ein wenig seines urwüchsigen Ernstes beraubt. Sein Bild ist zum drittklassigen Werbesignet abgesunken, inzwischen prangt das Bild des mythischen Ur-Schweizers auf Käseverpackungen und Fremdenverkehrsbroschüren, auf Shampooflaschen und Kindertrinkbechern, auf Einkaufstaschen und Bierdeckeln.


Stefan Dehler und Christoph Huber, idealerweise ein deutsch-schweizerisches Team, begeben sich mit Schillers Drama auf die Pfade Wilhelm Tells und erzählen von Liebe und Zorn eines Volkshelden wider Willens. Vielstimmig und vielbärtig, ernst und auch immer mal wieder erfrischend unernst berichten sie in ihrer szenischen Lesung von skrupellosen österreichischen Besatzern und von grundehrlichen Schweizer Bergbauern, vom Hut auf der Stange, von Kindern, die sich nicht vorstellen können, in einem Land zu leben, das keine Berge hat, vom Vorteil einer Axt im Haus, vom Apfelschuss und vom Attentat des Titelhelden in der hohlen Gasse. Wenn notwendig jodeln sie sogar und erklären darüber hinaus gerne das Wesen der Eidgenossen dem Rest der geneigten Welt. 

 


Die Leiden des jungen Werthers

Szenische Lesung des Romans von Johann Wolfgang Goethe

 

Werther schreibt sich die Seele aus dem Leib, so scheint es. Seine Briefe an den besten Freund zeichnen in grellen Farben das Bild eines orientierungslosen Menschen, zerrissen zwischen unbändiger Lebensgier und demoralisierendem Weltekel. Die Hierarchie und die Konventionen der absterbenden Ständegesellschaft, die moralische und philosophische Enge in Köpfen des Bürgertums, die biedere Bildungsbeflissenheit, die Obrigkeitshörigkeit und der Geschäftsinn seiner Mitmenschen - all dies stürzt Werther in tiefste Verzweiflung. Erleichterung findet er allenfalls in der Betrachtung unberührter Natur. Sein Leben erfährt eine ungeahnte Wendung zum Rauschhaften, als er Lotte, die bereits verlobte Tochter des Wetzlarer Amtmanns, begegnet. Beflügelt vom Gedanken, die Zuneigung und die Liebe dieses Mädchens zu erringen, wird er völlig blind für die Spielregeln der Gesellschaft. Bestürzt liest sein bester Freund aus den schwärmerischen Briefen, wie sich Werther zum untragbaren Ärgernis seiner Mitmenschen entwickelt - und schließlich jede Hoffnung auf Glück mit einem Pistolenschuss zunichte macht.

 

stille hunde stellen die wesentlichen Passagen aus Goethes epochemachenden Briefroman in einer szenischen Lesung vor und geben Goethes Helden Stimme und Gesicht.

 


 

 

 

 

Krimi, Abenteuer & Co 


Der Hund der Baskervilles

Szenische Lesung des Romans von Arthur Conan Doyle

 

Die Geschichte des Verbrechens ist die Geschichte der menschlichen Natur. Und sie ist die Geschichte seines beständigen Scheiterns. Dass das so ist, verdanken wir den umtriebigen Gegenspielern des Bösen. Einer der bekanntesten, wenn auch leider nur die literarische Erfindung des schottischen Arztes und Schriftstellers Arthur Conan Doyle, ist der Detektiv Sherlock Holmes. Begabt mit schier unmenschlichen Geisteskräften bringt er Licht ins noch so tiefe Dunkel. Staunend und oft ein wenig düpiert von der intellektuellen Kälte des Verbrecherjäger protokolliert sein Freund und Begleiter Dr. Watson die gemeinsamen Abenteuer. 

 

Stefan Dehler und Christoph Huber spüren in ihrer szenischen Lesung dem Mythos des wohl bekanntesten Detektivs der Literaturgeschichte nach. Im Mittelpunkt ihres Abends steht mit dem Roman "Der Hund der Baskervilles" die Geschichte vom Geisterhund, der den letzten Mitgliedern der Familie Baskerville nach dem Leben trachtet. Stefan Dehler und Christoph Huber führen die Zuschauer lesend, improvisierend und spielend aus dem viktorianischen London in die düsteren Weiten von Dartmoor. Dabei beobachten sie nächtliche Lichtzeichen, lauschen geheimnisvollen Tierlauten und riskieren auch mal einen Spaziergang durch ein Gelände voller tückischer Moorlöcher.

 


In achtzig Tagen um die Welt

Szenische Lesung des Romans von Jules Verne

 

Der exzentrische englische Lebemann Phileas Fogg wettet mit seinen ungläubigen Zeitgenossen, dass es kein Problem sei, den ganzen Erdball in nur achtzig Tagen zu umrunden, was er auch unter Einsatz seines Vermögens beweisen könne und wolle. Der kühne Plan könnte gelingen, wenn nicht Detektiv Fix davon überzeugt wäre, in dem eilig aus London abgereisten Fogg einen gesuchten Bankräuber gefunden zu haben, den es so schnell wie möglich zu verhaften gelte. Immer dichter rückt er im Laufe der kommenden Tage und Wochen dem ahnungslosen Schnellreisenden auf die Fersen. Aber trotz widriger Umstände, halsgefährlicher Situationen und vieler hemmender Fallstricke gelingt es dem mit einer bemerkenswerten Portion Kaltblütigkeit ausgestatteten Fogg und seinem wendigen Diener Passepartout lange Zeit, dem inkognito reisenden Häscher den entscheidenden Schritt voraus zu sein…

Stefan Dehler und Christoph Huber setzen sich mit Jules Vernes Buch in der Hand auf die Spuren des berühmten Weltumrunders und suchen die Schauplätze seiner berühmten Abenteuer auf. In ihrer szenischen Lesung geraten die Wege von London nach Bombay, von Delhi nach Yokohama und von San Franzisco nach New York und Dublin zu den sprichwörtlichen „Katzensprüngen“ – und werden allen modernen Mobilitätsphilosophien zu vergnüglichen Bildungsreisen. 

 


Die Schatzinsel

Szenische Lesung des Romans von Robert Louis Stevenson

 

Als der alte Bill Bones sich im Gasthof „Zum Admiral Benbow” einquartiert, erfährt das Leben des jungen Jim Hawkins eine abenteuerliche Wendung. Bones, der auf der Flucht vor gefährlichen Verfolgern ist, vermacht nach seinem Tod dem Jungen seine Habseligkeiten. Eines Nachts wird der Gasthof von einer geheimnisvollen Bande überfallen, die es offensichtlich auf den Nachlass des Verstorbenen abgesehen hat. Jim gelingt in der Dunkelheit die Flucht. Das Päckchen, das er mitgenommen hat, erweist sich als ein Versprechen auf eine Zukunft in Reichtum und Ansehen. Es enthält die Karte einer Insel, auf der der Schatz des legendären Piratenkapitäns Flint versteckt sein soll. Von der Echtheit des Dokuments überzeugt rüsten Freunde und Gönner des Jungen eine Expedition zu der vermeintlichen Schatzinsel aus. Was die redlichen Unternehmer nicht wissen: Ein Großteil der in Eile angeheuerten Mannschaft besteht aus den einstigen Mitgliedern von Flints Piratenbande und plant, Jim und seine Freunde zu ermorden, um so an das für immer verlorenen geglaubte Gold zu kommen...

 

Stefan Dehler und Christoph Huber begeben sich - Stevensons grandiose Piratenfantasie immer buchstäblich vor Augen - einäugig und holzbeinig, papageienumflattert, triefnasig, enthusiastisch und waffenstarrend auf große Fahrt zu exotischen Gefilden, trotzen den Brechern der Weltmeere, und lassen sich bis an den Rand des Wahnsinns von der karibischer Sonne und der Gier nach Gold foltern.

 


Oliver Twist

Szenische Lesung des Romans von Charles Dickens

 

Der Weg ins Elend scheint vorgezeichnet für den Waisenjungen Oliver. Statt einer fürsorglichen Erziehung und Schulbildung erwarten ihn in den von heuchlerischen Autoritäten lieblos und brutal geleiteten Fürsorgeeinrichtungen Hunger, Krankheiten und Prügel. Um den - nach der Bitte um ein wenig mehr Haferbrei - als aufsässig geltenden Jungen loszuwerden, verkauft ihn das Waisenhaus als Lehrling an den Bestatter Sowerberry. In dessen Betrieb erwarten Oliver die Schikanen des älteren Lehrjungen, Verleumdungen und wieder Prügel. Bereits nach kurzer Zeit reißt der verzweifelte Oliver aus. Eine Zufallsbekanntschaft führt ihn nach London, direkt in die Arme des Gauners Fagin, der eine Bande von Straßenkindern zu Taschendieben ausbildet. Olivers Schicksal scheint eine wundersame Wendung zum Guten zu nehmen, als ihn der wohlhabende Mister Brownlow vor der Verhaftung durch die Londoner Polizei schützt und bei sich aufnimmt. Leider setzen Fagin und dessen brutaler Kompagnon Sikes alles daran, Oliver wieder in ihre Gewalt zu bekommen. Eines Tages gelingt es ihnen, den Jungen auf offener Straße zu entführen. Oliver wäre für immer verloren, wenn ihn nicht doch noch das Mitleid einer jungen Frau und das Vertrauen in die Güte der Menschen retten würde...

 

Stefan Dehler und Christoph Huber zeichnen lesend und spielend den Weg nach, den Charles Dickens kindlicher Held vom Waisenhaus durch das kriminelle Milieu Londons bis zur rettenden Beletage eines großbürgerlichen Wohnhauses nimmt, und portraitieren die weltberühmt-berüchtigten Charaktere des Romans mit satirischem Witz und Mut zur Groteske.

 


Heidi

Szenische Lesung des Romans von Johanna Spyri

 

Heidi sieht die Welt, und entdeckt Gutes, Wahres und Schönes. Und die Welt erstaunt über das eigensinnige Naturkind. Nach dem Tod der Eltern dem Großvater auf der Hochalm zur Fürsorge überlassen, nimmt die Fünfjährige ihr neues karges Leben mit ansteckendem Gottvertrauen an. Die Alm ist ihr Paradies, und sie bewegt sich darin wie ein Engel am angestammten Platz. Allem und jedem schenkt Heidi ihr Herz: den Blumen der Almwiesen, den rauschenden Tannen hinter der Hüte des Großvaters, den Ziegen, dem ungelenken und menschenscheuen Öhi, dem bitterarmen Hütejungen Peter und dessen blinder Großmutter. Sie liebt vorbehaltlos - und wird vorbehaltlos wiedergeliebt. So sehr, dass es einer Katastrophe gleichkommt, als Heidis Tante das Mädchen in eine Anstellung vermittelt. Es soll Gesellschafterin des schwerkranken Mädchens Klara in Frankfurt werden. Von einem Tag auf den anderem aus dem Idyll der Bergwelt gerissen findet sich Heidi nur schwer in der Welt der Reichen und Gebildeten zurecht. Obwohl sie sofort die Sympathie Klaras gewinnen kann, machen ihr die ungewohnten Zwängen der großbürgerlichen Etikette und vor allem die grausame Pedanterie der Hausdame Rottenmeier das Leben zu Qual. Heidis Sehnsucht nach dem naturverbundenen Leben in der Schweizer Heimat wächst von Tag zu Tag...

 

Stefan Dehler und Christoph Huber begeben sich auf steile Pfade fernab der Zivilisation und entdecken mit Johanna Spyris 1880 und 1881 erschienenen zweibändigem Jugendroman rund um das Wunderkind Heidi die belebende Schönheit einer utopischen Schweiz, bevor sie sich in den Niederungen des Großstadtlebens mit von Hochhäusern verstellten Horizonten, Tischmanieren, Katzenphobie und dem Konsum von Äppelwoi konfrontieren. 

 


Leben und Taten des ideenreichen Edelmannes Don Quixote aus der Mancha

Szenische Lesung des Romans von Miguel de Cervantes

 

Die Bücher sind an allem schuld. Zu viele Rittergeschichten hat er verschlungen, der Landedelmann Don Quesada. Nun ist mit dem Kopf für immer in der Welt der literarischen Erfindungen geblieben und wähnt sich zu einer großen Mission in der märchenhafte Epoche von Helden, Monstern und rettungsbedürftigen Jungfrauen berufen. Und so macht er sich auf dem Rücken seiner Schindmähre auf den Weg, ausgestattet mit rostiger Rüstung und morscher Lanze, um seiner Bestimmung als fahrender Ritter zu folgen. An seiner Seite zockelt in der Rolle des Knappen der dicke Sancho auf seinem Eselchen neben ihm her, denn der übergeschnappte Don hat dem armen Bauern nichts weniger als einen Gouverneursposten in einem noch zu erobernden Reich versprochen. Das seltsame Paar zieht nun als ungewollte Karikatur der legendären Vorbilder durch die Dörfer und Städtchen der Mancha und kämpft, wo es nichts zu gewinnen gibt, und rettet, was nicht zu retten ist.

 

Miguel de Cervantes ist mit der Erfindung des auf der Grenze von idealistischem Wahn und knochenharter Realität wandelnden Fantasyverrückten und dessen bauernschlauen und doch ewig treudummen Begleiters ein Geniestreich geglückt. Seinen beiden 1605 und 1615 erschienen Bänden mit den Abenteuern des grotesken Duos waren auf Anhieb ein sensationeller Erfolg beschieden - eine Popularität, die bis heute anhält und zahlreiche Bearbeitungen, Fortsetzungen, Dramatisierungen und Bebilderungen nach sich gezogen hat. Stefan Dehler und Christoph Huber folgen nun, das "beste Buch der Welt" als Leitfaden fest in der Hand, den staubigen, aber erlebnisreichen Wegen von Don Quixote und Sancho Pansa. 

 


 

 

 

Gothic Novels


Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde

Szenische Lesung des Romans von Robert Louis Stevenson

 

Dem Rechtsanwalt Utterson schwant nichts Gutes. Das Testament, dass einer seiner besten Freunde, der angesehene Arzt Dr. Jekyll, zugunsten eines geheimnisvollen Mr. Hyde verfasst hat, erscheint ihm verdächtig. Denn Utterson hat erfahren, dass der Begünstigte im Verdacht krimineller Machenschaften steht und vermutet einen Fall von Erpressung. Leider will sich sein Freund Jekyll partout nicht von ihm helfen lassen, und so geht der auffällig unsympathische Mr. Hyde weiterhin unbehelligt im Haus des Arztes ein und aus. Als Hyde jedoch unter Mordverdacht von der Polizei gesucht wird, ringt Utterson seinem Freund das Versprechen ab, sich für immer von dem gesuchten Mörder zu trennen. Von nun an bleibt Hyde verschwunden, aber dem Arzt geht es von Tag zu Tag gesundheitlich schlechter - bis Utterson eines Nachts in Jekylls Haus gerufen wird, wo ihn eine schreckliche Enthüllung erwartet...

 

Robert Louis Stevensons Schauernovelle gehört zu den bis heute populärsten Erzählungen der viktorianischen Epoche und weist nicht nur in eine schwarzromantische Vergangenheit mit Teufelspakten und Hexenelixieren zurück, sondern beschwört erstaunlicherweise ebenso eine heute Gegenwart gewordene Zukunft herauf, in der die wissenschaftliche Forschung Dämonen zu entfesseln droht. Stefan Dehler und Christoph Huber decken Kapitel für Kapitel das Geheimnis der Verbindung zwischen dem ehrbaren Londoner Bürger Dr. Jekyll und dessen amoralischem Schatten Mr. Hyde auf, verfolgen blutige Spuren durch neblige Gassen bis tief in den kriminellen Untergrund der Großstadt London, um am Ende im Labor eines wahnsinnig gewordenen Forschers zu einer erschütternden Erkenntnis zu gelangen.

 


Dracula

Szenische Lesung des Romans von Bram Stoker

 

Im Auftrag einer Londoner Kanzlei reist der Anwalt Jonathan Harker nach Transsilvanien.  Er soll mit dem geheimnisvollen Grafen Dracula über den Kauf von Immobilien in England verhandeln. Trotz eindringlicher Warnungen der Einheimischen, lässt er sich nicht von seiner Mission abbringen und lässt sich zu dem einsamen Schloss in den Karpaten bringen. Harkers anfängliche Irritation über das unheimliche Auftreten des Grafen steigert sich im Laufe der kommenden Nächte zu Todesangst. Er erkennt, dass er in die Hände eines Dämons gefallen ist, der ihn umbringen wird. Harkers letzte Hoffnung ist ein lebensgefährlicher Fluchtversuch. Wenig später erreicht ein Geisterschiff die Küste Englands. Die Einwohner des Städtchens Whitby können sich keinen Reim auf das Schiff ohne Mannschaft machen. Sie ahnen nicht, dass mit ihm eine Bestie nach England gekommen ist. In den folgenden Monaten wird die junge Lucy Westenra jede Nacht von einem geheimnisvollen Wesen aufgesucht, dass ihr Blut trinkt. Als das Mädchen zu sterben droht, ruft ihr Arzt, Dr. Seward seinen erfahreneren Kollegen van Helsing zu Hilfe, der erkennt, dass Lucy von einem blutsaugenden Untoten verfolgt wird. Die Jagd auf den Vampir beginnt. Der inzwischen heimgekehrte Jonathan Harker ist dabei eine wertvolle Hilfe, denn er kennt die Verstecke Draculas…


Stefan Dehler und Christoph Huber stellen mit Bram Stokers Dracula das Urbild aller nachfolgenden Vampir-Romane in einer szenischen Lesung vor. Mit Witz und Mut zur Groteske  führen sie ihre Zuschauer tief ins Herz der Finsternis und demonstrieren nicht nur die Grausamkeit der Vampire, sondern auch die mindestens genauso schaurigen seelischen Abgründe der viktorianischen Engländer.

 


Frankenstein

Szenische Lesung des Romans von Mary Shelley

 

Victor Frankenstein, ein von Idealismus, Fortschrittsbegeisterung und medizinischem Ehrgeiz getriebener Forscher, plant, tote Materie zu beleben. Das im geheimen vorangetriebene Experiment gelingt: Frankenstein erschafft ein menschenähnliches Wesen. Das Geschöpf ist jedoch von erschreckender Hässlichkeit. Verzweifelt über seine Unfähigkeit, natürliche Schönheit nachahmen zu können, verweigert  der Wissenschaftler dem monströsen Lebewesen die nötige Fürsorge und überlässt es sich selbst und den Kräften der Natur - in der Hoffnung, es möge ohne die Hilfe der menschlichen Gemeinschaft umkommen. Aber das Geschöpf überlebt trotz der Ablehnung und Ächtung, die ihm im Umgang mit Menschen begegnen, erlernt in beinahe unbeschreiblicher Anstrengung menschliche Sprache und Sozialverhalten und macht sich schließlich auf die Suche nach seinem Schöpfer. Was dem Menschen immer unmöglich sein wird, erzwingt das von Victor Frankenstein geschaffen Wesen mit Gewalt: das Gespräch mit dem Schöpfer. Für Victor Frankenstein ist die Begegnung mit seiner fleischgewordenen Allmachtsfantasie die endgültige moralische Niederlage. Der Anklage seines Geschöpfes hat er nichts zu erwidern. Er ist das Monster, ein größenwahnsinnig unfähiger Gott. Sein Geschöpf, das nur das Recht auf ein würdiges Dasein verlangt, ist menschlicher als er selbst.

 

Vordergründig betrachtet scheint es sich bei Mary Shelleys berühmten Roman um eine bloße Schauergeschichte zu handeln. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich ihre Erzählung über das waghalsige wissenschaftliche Unternehmen Viktor Frankensteins als ein raffiniertes philosophisches Gedankenexperiment, das mit den heute vorherrschenden, von den populären Filmadaptionen des Stoffes geprägten Vorstellungen nichts zu tun hat. Shelleys Buch besticht trotz melodramatischer Klischees, Schauereffekte und literarischer Schwächen vor allem durch eine verblüffende Ernsthaftigkeit, mit der die Autorin ein großes Thema der Menschheitsgeschichte aufgreift: die unstillbare Sehnsucht des Menschen nach Gottähnlichkeit. Stefan Dehler und Christoph Huber gehen in ihrer szenischen Lesung dem Mythos Frankenstein auf den Grund und stellen Mary Shelleys tragische Helden in einer szenischen Lesung vor.

 


Der Vampyr

Szenische Lesung der Novelle von John Polidori

 

Der junge Aubrey begegnet auf den festlichen Veranstaltungen der Londoner Oberschicht dem geheimnisvollen Lord Ruthven. Er ist fasziniert von dessen Aura, einer eigenwilligen Mischung aus Kälte und Charme, und sucht immer wieder die Nähe des Lords. Zu seiner Überraschung wählt ihn Ruthven eines Abends als Begleiter einer Reise aus. Ziel sind die antiken Stätten in Italien und Griechenland. Begeistert tritt Aubrey die Reise an. Bereits auf den ersten Stationen keimt aber in ihm der Verdacht, dass der Lord ein amoralischer Spieler und Verführer sein könnte. In Rom, wo der Lord sich anschickt, ein junges Mädchen zu verführen, kommt es zum Eklat. Aubrey trennt sich von Ruthven. Allein reist er weiter nach Griechenland.Hier lernt er das Bauernmädchen Ianthe kennen, die ihn auf seinen Streifzügen durch die Gegend begleitet und ihm von Volksbräuchen und Legenden erzählt. Ianthe berichtet auch von einem todbringenden Nachtwesen, das sich immer wieder seine Opfer unter den jungen Frauen des Dorfes sucht. Aubrey verlacht die Ängste des Mädchens. Eines Nachts jedoch wird Ianthe ermordet in einer einsamen Hütte aufgefunden. Aubrey bricht verstört zusammen.

Der inzwischen in Griechenland eingetroffene Lord Ruthven hört von der schweren Erkrankung seines ehemaligen Begleiters und sucht ihn in Athen auf. Er pflegt Aubrey, und einige Wochen später setzen sie gemeinsam die Reise fort. Als sie in den Bergen in einem Hinterhalt von Banditen geraten, wird der Lord tödlich verwundet. Der Sterbende nimmt Aubrey ein seltsames Versprechen ab: Nach der Rückkehr nach London soll Aubrey nichts über den Tod des Lords erzählen.Heimgekehrt wird Aubrey mit den Hochzeitsvorbereitungen seiner Schwester betraut. Entsetzt stellt er fest, dass der Mann, mit dem sich seine Schwester verlobt hat, der vermeintlich tote Ruthven ist, der unter einem anderen Namen auftritt. Vergeblich versucht er, die Hochzeit zu verhindern. Die Macht des Untoten hält ihn im Bann. Aubrey kann das Geheimnis nicht aussprechen. Der immer mehr in Verzweiflung geratende wird schließlich unter die Aufsicht eines Arztes gestellt, der ihn für geisteskrank erklärt. Als ihm am Hochzeitstag die Flucht aus seinem Zimmer gelingt, ist es zu spät. Seine Schwester ist mit ihrem Ehemann bereits zur Hochzeitsreise aufgebrochen. Wenige Stunden später hat Aubrey traurige Gewissheit, dass der Lord ein Vampir ist: man findet die Leiche seiner Schwester.

 

Nur wenig haben nachfolgende Autoren noch hinzuerfinden müssen. Dr. John Polidoris Novelle 1816 entstandene Novelle enthält nämlich bereits nahezu alle Zutaten, die auch die späteren Vampirerzählungen erfolgreich machten: die Bestie in Gestalt eines Edelmanns, die eiskalten, aber faszinierenden Augen des Fremden, blutjunge schöne Mädchen als Opfer, wildromantische Kulissen mit Ruinen und Mondschein – und einen verzweifelten Helden, der alles versucht, um eine geliebte Frau aus den Klauen des Vampirs zu befreien.

 


Der Mord als schöne Kunst betrachtet: Hopp-Frosch und Das Fass Amontillado

Zwei Erzählung von Edgar Allan Poe

 

Lachen ist gesund, sagt man. Es kommt aber darauf an, wer und über was oder wen lacht. Tatsache ist nämlich auch: Ein Witz kann tödlich enden. Dass muss der König eines fantastischen Reiches, der sich einen Spaß auf Kosten seines verkrüppelten Hofnarren macht, ebenso erfahren wie der venezianische Lebemann Fortunato, der zu spät erkennt, dass er einen alten Schulfreund wohl besser nicht allzu oft dem Gelächter der Gesellschaft hätte ausliefern sollen. Am Ende verliert der eine in der luftigen Höhe eines Festsaals Haut, Haar und Leben, während dem anderen der Atem in einer unterirdischen Sackgasse stockt...

 

Dass zu einem Mord mehr gehören sollte als eine dunkle Gasse, ein Knüppel und eine schlechte Gesinnung forderte 1827 schon der englische Schriftsteller Thomas de Quincey in seinem berühmten satirischen Traktat. Und tatsächlich: Was gibt es banaleres als ein Gewaltverbrechen? Das kriminelle Meisterwerk bleibt dagegen die Ausnahme und besonderen Talenten vorbehalten, wie auch die besondere Würdigung der Tat als Kunstform den speziell Interessierten vorbehalten bleibt. Von zwei Genies in der Kunst des Mordens weis de Quinceys amerikanischer Schriftstellerkollege und Altmeister der Kriminalliteratur Edgar Allan Poe in den Erzählungen vom Hofnarren Hopp-Frosch und vom venezianischen Weinkenner in „Das Fass Amontillado” zu berichten. Rachedurst und Lust an der Verstellung stehen in diesen zwei fantastischen Fallstudien in so perfekter Balance, dass sie zu kraftvollen Triebfedern ausgeklügelter Strategien taugen, mit denen Poes Helden ihren Feinden ein höchst grauenvolles Ende bereiten. Dass die Mörder am Ende vollauf zufrieden mit ihren Taten ungestraft davonkommen, beweist einmal mehr, dass sie von der Kunst des Mordens etwas verstehen und schamlos auf den Beifall ihres Publikums hoffen dürfen.


Stefan Dehler und Christoph Huber stellen mit den zwei berühmten Kriminalegrotesken Poes spannende Fälle höchst kunstreichen Mordens als satirische Exempel vor. In dem einen Fall schwingen sie sich gemeinsam mit dem Publikum in die Höhen der geschmückten Festhallenkuppel einer königlichen Residenz auf, im anderen Fall steigen sie in die salpeterverseuchten Verliese eines venezianischen Palazzos hinunter.

 


Im Schlund des Teufels

Zwei Erzählungen von Edgar Allan Poe,

Musik von Andreas Düker

 

Zwei Männer in Lebensgefahr. Ort und Zeit des Schreckens könnten unterschiedlicher nicht sein, und doch gleichen sich die Schicksale. Der eine treibt hilflos im Sog gewaltiger Wassermassen vor der norwegischen Küste dem sicheren Tod entgegen, der andere ist in der Finsternis unterirdischer Verliese der Willkür sadistischer Folterknechte ausgeliefert. Trotz aussichtsloser Lage versuchen beide aber das Unmögliche: dem sicheren Tod entkommen. Ihr Überleben ist der Triumph menschlicher Vernunft über die blinden Kräfte der Zerstörung.

Zwei Männer in den Fängen der Pest. Durch einen pestverseuchten Stadtteil Londons streifend geraten die Matrosen Tarpaulin und Bein in die unheimliche Gesellschaft der leibhaftigen Krankheit: König Pest und sein Hofstaat nehmen sie als Gäste in die erlauchte Runde auf. Der finalen Aufforderung, sich zu Tode zu trinken, begegnen die beiden Trunkenbolde mit dem Mut der Berauschten. Sie packen die aristokratischen Gruselgestalten beim Kragen und kämpfen sich den Weg zu Licht, Luft und Leben kurzerhand wieder frei.


Edgar Allan Poe, Meister schwarzer Romantik und Wegbereiter des psychologischen Kriminalromans, spannt mit seinen fantastischen Erlebnisberichten einen Bogen vom naturgegebenen zum menschengemachten Schreckensort, vom todbringenden Naturwunder zum Folterkeller, von der üblen Spelunke zum Totentanzambiente.

 


 

  

 

Satirische Texte 


Die Wahrheit langweilt mich, deshalb lüg‘ ich. Münchhausens Abenteuer

Ein literarischer Wettstreit mit den Erzählungen von Gottfried August Bürger

und anderen Geschichten, die das Leben schrieb. Oder auch nicht.

 

Nichts ist so dauerhaft wie eine gut erzählte Lüge. Das liegt nicht selten daran, dass sie meist schillernder ist als die bloße Wahrheit. Wahr ist: Unglaubwürdiges fesselt uns stärker als Wahrscheinliches. Es kommt also nicht von ungefähr, dass der Freiherr von Münchhausen mit seinen tolldreisten Jagdgeschichten, den aberwitzigen Reise- und Kriegsberichten zum Inbegriff des faszinierenden Schwadroneurs und Lügners geworden ist, der einer ernüchternden Wirklichkeit durch schrille Fantastereien entkommt. Tatsache aber ist: Zur Feder gegriffen hat der historisch verbürgte Münchhausen nie. Es waren andere, die dem Freiherrn ein ewiges, hoch unterhaltsames, aber fiktives Leben geschenkt haben - am erfolgreichsten Gottfried August Bürger mit seinen satirisch zugespitzten Erzählungen, die im originalen Wortlaut bis heute nichts von ihrem subversiven Geist verloren haben.

 

Stefan Dehler und Christoph Huber machen den legendären Münchhausen zur Grundlage eines frech-fröhlichen literarischen Duells, in dessen Verlauf das prekäre Verhältnis von Wahrheit und Lüge erforscht wird. Dabei greifen sie auch auf wahre, wenn auch unglaubwürdige Geschichten zurück, die das Leben schrieb – oder Geschichten, die das Leben hätte schreiben sollen oder können. Sicher können die Zuschauer also nicht sein, wenn behauptet wird: „Alles ist wahr, so wahr, wie es eben nur sein kann.“

 


Amerikanische Komödien

Zwei Erzählungen von Mark Twain

 

Die turbulenten Ereignisse rund um ein anonymes Geldgeschenk, die der Autor in „Wie Hadleyburg moralisch auf den Hund kam“ beschreibt, enthüllen im Gewand einer Sittenkomödie schonungslos die Doppelmoral einer von puritanischer Weltanschauung geprägten Kleinstadt. In „Die Romanze einer Eskimojungfrau“ portraitiert sich der Autor selbst - in der Rolle eines naiven Berichterstatters am Rande der zivilisierten Welt: Zwischen Begeisterung für ein Leben in Einklang mit der Natur und dem Ekel vor den vermeintlich barbarischen Gebräuchen der Eingeborenen schwankend, gibt er ein Interview mit der Tochter eines reichen Stammesfürsten wieder – das den Einfluss der Zivilisation als unheilvollen Dreh- und Angelpunkt einer tragischen Liebesgeschichte enthüllt.


Mit zwei Erzählungen Twains im Handgepäck („Wie Hadleyburg moralisch auf den Hund kam“ und „Die Romanze einer Eskimojungfrau“) brechen Stefan Dehler und Christoph Huber zu einer Reise durch die moralischen Landschaften eines fortschrittsgläubigen, stolzen und dennoch verletzlichen Kontinents auf, machen darüber hinaus einen Abstecher zum Polarkreis, um einen Abglanz der Zivilisation zu bestaunen. Ganz dem Paradox Twains folgend eignen sie sich dabei die Personen und Gegenstände in liebevoller Betrachtung an und geben sie nichtsdestotrotz in spöttischer Distanz auch dem Gelächter preis.

 


Geld oder Liebe

Erzählte Komödien von Anton Tschechow

 

Dass Anton Tschechow auch in seinen Kurzgeschichten ein großer Dramatiker ist, beweisen Stefan Dehler und Christoph Huber mit ihrer einstündigen Präsentation von boshaft-witzigen Erzählungen, in denen die Liebesbeziehungen von Mensch zu Mensch und Mensch zu Geld mit einem scharfen Augen für die moralischen Abgründe pointiert geschildert werden.

 


Der Mann mit dem verschluckten Auge

Die katastrophal komische Welt des Hermann Harry Schmitz

 

Eigentlich sollte der Name Hermann Harry Schmitz auf einer Liste der zehn witzigsten deutschsprachigen Autoren zu finden sein. Irgendwo im oberen Drittel. Die Glossen und Kurzgeschichten des 1880 geborenen und früh verstorbenen Düsseldorfer Fabrikantensohns haben zweifellos das Zeug zu Klassikern. Hätten die Jungs der Monty- Python-Truppe schon 1910 mit anarchischem Humor Karriere machen wollen, sie hätten vermutlich bei Schmitz abgeguckt. Bei ihm wird aus einer simplen Shoppingtour mit der schrulligen Tante ein Weltuntergangsereignis von fast globaler Dimension, und ein riskantes Experiment in Sachen Selbstbetrachtung führt dazu, dass das Auge eines Mannes endlich das abenteuerliche Innere der Gedärme kennenlernt und in ein philosophisches Gespräch mit einem Bandwurm verwickelt wird. Darüber hinaus weiß Schmitz sehr pointiert von Marotten, Moden und anderen Schwächen sowie den schreiend komischen Seiten zu berichten, die furchtbar normale Dingen manchmal haben.

 

Stefan Dehler und Christoph Huber machen sich daran, den zu Unrecht vergessenen Meister des witzigen Grauens wieder zu entdecken und stellen in ihrer szenischen Lesung einige der schaurig-schönen Geschichten über die katastrophalen Seiten des bürgerlichen Alltags vor.

 


 

 

 

Erotische Erzählungen


Das schwarze Dekameron

Erotische Erzählungen aus Nordafrika 

 

Es ist ein ungleicher Kampf, wenn die Vernunft gegen die Liebe antritt. In den meisten Fällen steht die Siegerin schon zu Beginn fest. In der Gewalt einer erotischen Fantasie werden auch ansonsten kluge Männer und Frauen zu gesetzlosen Verrückten. Angesehene Männer verwandeln sich in tolldreiste Verführer und bislang treue Ehefrauen werfen sich in die Arme von skrupellosen Liebhabern. Erst wenn der Rausch verflogen ist, kann der Verstand rettend eingreifen – wohl denen, die dann genug davon haben, um der Strafe entrinnen können.

 

Von der Herrschaft des Gefühls über den kühlen Kopf und den komischen wie tragischen Konsequenzen daraus erzählen die Mythen, Legenden, Märchen und Schwänke, die der deutsche Anthropologe und Kulturhistoriker Leo Frobenius Anfang des vergangenen Jahrhunderts auf seinen Reisen durch das nordöstliche Afrika aufgezeichnet hat. Sein Erzählband „Das schwarze Dekameron“ rückt die afrikanischen Erzähltraditionen in den Rang von Weltliteratur und stellt einen kulturgeschichtlichen Schatz von besonderer Bedeutung dar. Stefan Dehler und Christoph Huber stellen in ihrer szenischen Lesung Geschichten daraus vor.

 


Liebe und andere Strafen

Erotische Erzählungen von Giovanni Boccaccio, Réstif de la Bretonne und aus dem alten Japan

 

Drei Geschichten über die Liebe: Ein Engel mit falschen Flügeln zeigt Venedigs Damen das Paradies. Eine tugendstolze französische Landadelige verliert im Strudel einer späten Leidenschaft Verstand und Ehre. Eine japanische Hofdame zieht ein Bad im Karpfenteich dem Bett ihres Verlobten vor…

 

Stefan Dehler und Christoph Huber schreiten mit drei Erzählungen aus drei Epochen, in denen Komik und Tragik, Lust und Schmerz, Liebe und Scham nahe beieinander liegen, das weite Feld der erotischen Sehnsüchte ab, wagen sich auf emotionale Schleichpfade und in die düsteren Gassen und Winkel der Begierden.

 


Giacomo Casanova

Aus den Tagebüchern eines Verführten

 

Er war mindestens so oft ein Verführter wie ein Verführer: Giacomo Casanova. Der weitgereiste Venezianer traf auf seinen Fluchten, seinen Geschäfts- und Bildungsreisen Menschen aller Gesellschaftsschichten und vieler Kulturen, verliebte sich oft, wurde oft geliebt, verführte oft und wurde verführt - zu sinnlichen Genüssen, zum Glücksspiel, zu gefährlichen Intrigen und Händeln, aber auch zu geistvollen Gesprächen, zu kultiviertem Gedankenaustausch und zum Philosophieren. Stefan Dehler und Christoph Huber stellen den großen Europäer, den notorischen Liebenden, den chronischen Flüchtling und den beredten Chronisten einer untergehenden Zeit in dessen eigenen Worten vor.

 


  

  

 

Novellen


Die Verwandlung

Szenische Lesung der Erzählung von Franz Kafka

 

Ein Mann erwacht und ist nicht mehr derjenige, der er war, als er zu Bett ging. Über Nacht hat er sich in ein riesiges käferartiges Insekt verwandelt. Für seine Familie, der er bislang durch sein Einkommen als Handelsreisender eine Existenz in Müßiggang verschafft hat, wird er so zu einer schweren Belastung. Der Vater reagiert mit Gewaltausbrüchen, Mutter und Schwester mit Tränen. Die Verhältnisse kehren sich um. Während er dauerhaft die Enge seines Zimmers verbannt wird, müssen Vater, Mutter und Schwester sich um Lohnarbeiten außerhalb bemühen. Zudem ist der Verwandelte auf Pflege angewiesen, die im Laufe der kommenden Wochen und Monate immer widerwilliger und nachlässiger geleistet wird. Die Situation spitzt sich zu, als drei zahlungskräftige Untermieter in die in die Wohnung einziehen. Der unerwartete Anblick des riesenhaften Käfers vertreibt die Herren. Die Familie verliert somit ein dringend benötigtes Einkommen. Nun scheint es nur noch eine einzige Lösung für das Problem zu geben: der Tod des Monsters.

 

Franz Kafkas fantastische Erzählung von der unerklärlichen Verwandlung des Gregor Samsa ist der literarische Bezugspunkt der Performance, die Stefan Dehler und Christoph Huber erarbeitet haben. Musik, Tanz, Rede und Aktion ergänzen in dieser Performance einander in schnellem Wechsel zu einer Abfolge von erzählenden Bildern.

 


In der Osternacht

Szenische Lesung der Erzählung von Anton Tschechow mit Musik für Flöte solo

 

Auf der Flussfähre, die Gäste zum Ostergottesdienst im gegenüberliegenden Kloster bringt, entspinnt sich ein Gespräch zwischen einem Besucher und dem Laienbruder, der in dieser Nacht als Schiffer eingesetzt ist. Der Fährmann beklagt den Tod seines einzigen Freundes, eines Mönchs, der seine ganze Schaffenskraft der traditionellen Kunst des Lobgesangs gewidmet hatte, ohne dafür jemals besondere Anerkennung im Kloster zu genießen. Während im Anschluss der Besucher in Erwartung einer besonderen Inspiration an den turbulenten Feierlichkeiten teilnimmt, wartet der Laienbruder vergeblich auf seine Ablösung. Im Morgengrauen treffen die beiden Männer wieder aufeinander - der eine vom Spektakel der Osternacht ernüchtert, der andere trotz seiner Trauer und Enttäuschung noch immer voll Gottvertrauen.

 

stille hunde inszeniert Anton Tschechows berühmte Erzählung, in der die Gnade der spirituellen Erfahrung mit der volksfesthaften Inszenierung der Heilsfreude kontrastiert wird, als meditatives Hörbild. Begleitet wird die szenische Lesung von der Flötistin Elisabeth Möst, die eine Vertonung zu Psalm 36, „Gott, die Quelle des Lebens“, von Thomas Daniel Schlee, Werke von Niccolò Paganini und Sigfrid Karg-Elert sowie frei improvisierend kontrastreiche, atmosphärisch dichte Klangbilder beisteuert.

 


Ein so ungeheurer Vorfall

Szenische Lesung von Novellen von Heinrich von Kleist

 

Neben der Liebesgeschichte inmitten der Wirren einer Naturkatstrophe, die Heinrich von Kleist in seiner Novelle "Das Erdbeben von Chili" erzählt, stellen Stefan Dehler und Christoph Huber mit "Die Marquise von O." und "Ein so ungeheurer Vorfall" zwei weitere Meisterwerke des Autors vor.

 


 

 

  

Märchen


Gerechtigkeit wohnt nur im Himmel

Märchen der Brüder Grimm

 

Nichts ist so trügerisch wie die Hoffnung. Zumindest in der Wirklichkeit. Sie verführt zum Handeln, wo geduldiges Abwarten die glücklichere Entscheidung gewesen wäre, und sie beruhigt, wo allein Aufbegehren und Kampf den Dingen eine gute Wendung geben könnte. Von derlei kritischen Betrachtungen wollen die Märchen nichts wissen. Sie sind das Genre der Hoffnung par excellenz. In ihnen erscheinen die hoffnungssatten Wunschvorstellungen von Rettung und Gerechtigkeit, Reichtum und Liebesglück als einzig mögliche Wendung des Geschehens. In ihrer Welt darf zwar gelitten werden, doch niemals endgültig. Die schönen Guten, die guten Schönen, die törichten Reinen und die reinen Toren müssen oftmals irdischen Höllen durchwandern, aber ihr Publikum darf sich sicher sein, dass irgendeine Himmelsmacht ihrem Elend ein gutes Ende macht. Denn Faulen und Dummen, den Falschen und Bösen dagegen müssen die Märchen Warnung sein. Sie sind es, die allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz unausweichlich zur Rechenschaft gezogen und ihrer verdienten Strafe zugeführt werden. Ihnen droht das Ausgelachtwerden im besten, Verbannung und grausamer Tod im schlimmsten Fall.

 

Stefan Dehler und Christoph Huber haben sich im Kosmos der Grimmschen Märchen umgetan und lichte und düstere Zonen ausgekundschaftet, haben dabei in Abgründe des Schreckens und des Schmerzes geschaut und den mühsamen Weg zu den Gipfeln der Hoffnung angetreten. Ihre schönsten Fundstücke - darunter bekannte wie unbekannte Märchen - stellen sie in einer szenischen Lesung vor.

 


Gesottenes und Gebratenes

11 Märchen der Brüder Grimm im Wortlaut der Erstausgabe,

Musik von Bernd Nawothnig

 

Im Dezember vergangenen Jahres konnte sie ihren 200sten Geburtstag feiern - die Erstausgabe der "Kinder- und Hausmärchen", mit der Jakob und Wilhelm Grimm sich weltweite Popularität sicherten. Das besondere Jubiläum war Anlass für den Göttinger Märchenland e.V. eine Lesung mit ausgewählten Märchen aus der Jubiläumsausgabe zu produzieren. Die Musik dafür stammt vom international renommierten Jazzmusiker Bernd Nawothnig. Gemeinsam mit dem Komponisten und seiner Band stellen die beiden Sprecher Stefan Dehler und Christoph Huber in einer musikalisch-szenischen Lesung bekannte und unbekannte Geschichten von vermeintlich kalten Fröschen, mutigen Schneidern, fleißigen und faulen Töchtern, nach Salat lüsternen Ehefrauen, an Nusskernen erstickenden Hühnern und seltsamen Wohngemeinschaften im Wortlaut der Originalausgabe vor.

 

Die Produktion ist auf CD erschienen und ist beim Göttinger Märchenland e.V., in den Göttinger Buchhandlungen, im Apex sowie bei stille hunde erhältlich.

 


 

 

 

Lyrik


Generationen kommen, Generationen gehen, hirschlederen Reithosen bleiben bestehen

Ein Streifzug durch die wilde Welt der deutschen Balladen

 

Die Ballade. Oh je! Ein Stoßseufzer entringt sich den Eingeweihten, während sich die Ahnungslosen fragen: Was ist das eigentlich? Was vor etwas mehr als fünfzig Jahren noch in Ehren gehaltenes literarisches Allgemeingut war (ja bisweilen geradezu im Rang nationaler Kunstwerke stand), was da in den guten Stuben und in den Schulzimmern landauf und landab mal leidenschaftlich deklamiert, mal kraftlos heruntergeleiert wurde, scheint heute größtenteils vergessen. Oder zu einem unwürdigen Dasein in der Zitatenramschkiste der Popkultur herabgekommen. Hand aufs Herz: Die Zeiten sind lausig geworden für die Ballade, jenes lyrische Mittelformat der verdichteten, zumeist gereimten Kurzerzählung von unerhörten Begebenheiten, heldenhaften Menschen, Tieren oder sonstigen Sensationen. So ganz von ungefähr kommt der Niedergang der Ballade natürlich nicht. Der Zeitgeist sperrt sich inzwischen vehement gegen das zumeist als pathetische und moralinsauer empfundene Gedröhn der Verse. Die besungenen Ritter und Jungfrauen, Dolchträger und Tyrannen, die opferbereiten Bürgen und treuen Freunde, die kinderstehlenden Naturgeister und fahrenden Sänger waren ja schon zu Goethes und Schillers Zeiten nostalgisch verbrämtes Märchenzubehör. Heute taugen sie weniger denn je zum Träger einer ernsthaften Botschaft. Dabei hat die Ballade aber unbestritten ihre Qualitäten. In ihrer dramatischer Zuspitzung übertrifft sie das Theater, in Kürze und Prägnanz die Novelle und den Roman. Mit gut und spannend erzählten Geschichten kann die Ballade also allemal aufwarten.

 

Dass mit der Ballade doch noch der eine oder andere Blumentopf zu gewinnen ist, wollen Christoph Huber und Stefan Dehler unter Beweis stellen. Die beiden haben sich in die Tiefen (und Untiefen) deutschsprachiger Gedichtsammlungen gewagt und Bekanntes wie Unbekanntes zusammengetragen. Nun laden sie mit dem, was sich hören lassen kann, alle Balladenfans zu einem nicht immer geschmack- und stilsicheren Vortragsduell ein, bei dem die titelgebenden Reithosen unter anderem Tauchern und Erlkönigen, Birnbaumpflanzern und Steuermännern angedient werden.

 


Die alten Fabelwesen sind nicht mehr, das reizende Geschlecht ist ausgestorben

Lyrik und Prosa von Friedrich Schiller

 

Helden steigen und fallen. Es ist ihr Schicksal, eine Zeitlang in der Gewissheit zu leben, nichts und niemand könne sie aufhalten, sich wie die Götter zu fühlen, und wenn nicht das ewige Leben, so doch den ewigen Ruhm zu erlangen, um dann irgendwann aus diesem Traum aufzuwachen. Der Historiker und gewiefte Theaterautor Schiller hat sich nie Illusionen darüber gemacht, wie es um Ruhm und Nachruhm, Wirkung und Nachwirkung in der Welt bestellt ist.

 

„Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze“ behauptete er in einem Sinngedicht, das er als Vorrede einem Theaterstück voranstellte, und er meint damit nicht nur den Schauspieler auf der Bühne, sondern auch alle diejenigen, denen im wahren Leben eine bedeutende Rolle zugesprochen wurde. An seinen berühmten Theaterfiguren hat Schiller es warnend vorgeführt, wie groß die Wünsche und wie klein im Gengensatz dazu die Kräfte des Menschen sind. Mit ironischem Unterton lässt er den Untergang einer ganzen Kultur von einer seiner Bühnenfiguren, Max Piccolomini in „Wallensteins Lager“, kommentieren: „Die alten Fabelwesen sind nicht mehr, das reizende Geschlecht ist ausgestorben.“ Tröstlich ist aber, dass wir das Verlorene in Gedanken auferstehen lassen können. Der Wissenschaftler rekonstruiert, der Dichter fabuliert. Und so gelingt es, in uns eine Vorstellung zu wecken, von dem, was einmal war. Die Sänger und Heroen der Antike beispielsweise, die jungfrauenfressenden Drachen, Ritter Delorges und der König Franz im Kranz seiner Damen – alles längst Schnee von gestern, aber dank Schillers Erzählkunst in unserer Fantasie doch wieder lebendig.

 


Frühling lässt sein blaues Band

Lyrik über das erste Quartal des Jahres

 

„Eine echte Auferstehung, ein Stück Unsterblichkeit“, so bejubelte der amerikanische Schriftsteller Henry David Thoreau Anfang des neunzehnten Jahrhunderts überschwänglich den Frühlingsbeginn – und reihte sich mit diesen Worten ein in die Riege der Poeten, die dem Frühling besondere dichterische Wertschätzung zukommen ließen. Tatsächlich: Keine Jahreszeit ist so oft und so lobend besungen worden wie der Frühling. Die Freude über das Ende der Winterkälte, das sehnsüchtig erhoffte Erwachen der Natur und den Anbruch der Zeit der Liebe waren und sind zu allen Epochen die vorherrschenden Themen der Frühlingslyrik - der unbeschwert heiteren ebenso wie der von einem wehmütigen Zug durchwehten und der mit einem satirischen Stich.

 

Stefan Dehler und Christoph Huber haben sich auf einen Streifzug durch „Dichterfrühlinge“ aus drei Jahrhunderten begeben und ihre schönsten Fundstücke in einer Lesung zusammengestellt: Hymnen, Oden, Balladen und Lieder im Volkston – verfasst von namenhaften Autorinnen und Autoren. Natürlich ist das tragikomische Goethesche „Veilchen“ ebenso darunter wie Mörikes berühmtes „blaues Band“, das dem Programm seinen Titel gibt.  

 


 

 

 

 

 

III. Theaterpädagogische Angebote 


Projektwoche an Grundschulen: Theaterparcours

Das Angebot besteht aus zwei Arbeitsphasen. Zu Beginn werden mit dem gesamten Lehrer/innenkollegium zwei einführende Tagesworkshops durchgeführt. Danach erfolgt die Durchführung des Projekts mit allen Schüler/innen im Rahmen der gewohnten Unterrichtszeiten, eventeuell - abhängig von der Gesamtzahl der Schüler/innen - ergänzt um einen Samstag, an dem das Arbeitsergebnis öffentlich präsentiert wird.

 

Für die Dauer der Projektwoche werden die Klassenverbände aufgelöst und der reguläre schulische Unterricht ausgesetzt. Die Schüler/innen erabeiten in altersgemischten Kleingruppen unter der Leitung eines Lehrer/innen-Tandems und dem Team von stille hunde kurze Dialoge, Choreografien oder Musikstücke, Schattenspiel, Objekt- und Puppentheatergeschichten, Ministücke mit Schwarzlicht oder Video. Mittel, Darstellungsweisen und Inhalte können frei gewählt, werden, sind meist unter ein übergreifendes Motto gestellt. Ort der Erarbeitung und der Aufführungen sind die Räumlichkeiten der Schule.

 

Am Ende stehen Aufführungsdurchläufe, bei denen die Schüler/innen in ihrem jeweiligen Aufführungsraum ihre Arbeiten mehrmals hintereinander zeigen. Die Besucher/innen der öffentlichen Präsentationen werden in kleinen Gruppen auf einen Parcours geschickt, bei dem sie alle Arbeitsergebnisse sehen können.

 

Das Projektkonzept ist bereits mehrfach erfolgreich durchgeführt worden: Alexander-von-Humboldt-Schule Eschwege, Grundschule Friedland, sowie in Göttingen die Adolf-Reichwein-Schule, die Bonifatiusschule und die Egelsbergschule.

 

Kosten: 5500 Euro. Interessenten für eine Projektwoche gibt das Team von stille hunde jederzeit gerne Auskunft: 0551 6345700 + info@stille-hunde.de

 


Zweijährige Weiterbildung für Lehrer/innen: Darstellendes Spiel für die Sekundarbereiche I und II

Der Kurs läuft über zwei Jahre, umfasst 250 Zeitstunden und wird in unterschiedliche langen, mehrtägigen Blöcken durchgeführt. Struktur und Inhalte richten sich nach den Vorgaben des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ). Die Schulen stellen die Teilnehmer/innen für die Weiterbildung insgesamt drei Tage pro Jahr frei.

 

Das "lange Modul" beginnt immer an einem Donnerstag um 17 Uhr und dauert bis 21 Uhr. Am nachfolgenden Freitag arbeiten wir ganztägig von 9 bis 18 Uhr, samstags ebenfalls ganztägig von 10 bis 19 Uhr. Eine Stunde Mittagspause ist dabei vorgesehen. Das "kurze Modul" beginnt immer an einem Freitag um 16 Uhr und dauert bis 21 Uhr. An den darauf folgenden  Samstagen wird von 10 bis 19 Uhr mit Unterbrechung durch eine Mittagspause gearbeitet. Die Sonntage sind generell frei. Die Weiterbildungsmodule finden alle in Göttingen statt. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 begrenzt.

 

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung erhalten die Teilnehmer/innen von uns ein Zertifikat und vom NLQ die Zusatzqualifikation für das Fach "Darstellendes Spiel". Die Kosten betragen 1.600 Euro und werden in vier halbjährlichen Raten bezahlt. Darin sind keine Verpflegungs- oder Unterbingungskosten enthalten.

 

Bei Fragen und für Rücksprache steht das Team von stille hunde jederzeit gerne zur Verfügung: 0551 6345700 + info@stille-hunde.de

 


 

 

 

IV. Archiv


 

 

2008


7 Orte (1)

Eine Stadtrauminszenierung

 

Sieben Orte in der Göttinger Innenstadt werden zu Bühnen für Tanz und Lyrik, Minidramen und chorisches Theater. Die Themen der Aktionen sind dabei so vielfältig und widersprüchlich wie die Geschichte der Orte, an denen sie stattfinden. Während eines rund 75minütigen geführten Rundganges eröffnen sich den Zuschauern neue Blickwinkel auf vertraute, im Alltag oft wenig beachtete Stätten im öffentlichen Raum. Reale Stadtgeschichte und künstlerische Fiktionen verbinden sich auf diese Weise zu einem neuen und kontrastreichen Bild der Stadt.

 

stille hunde und artla danse - Die Göttinger Ballettschule haben anlässlich des Tages des offenen Denkmals am 14. September einen szenischen Rundgang in drei Durchgängen konzipiert. Die Route führt von der Alten Fechthalle über Orte in der westlichen Altstadt bis zum Nabel und zurück.

 


Die kleine Raupe Nimmersatt

Stück für Kinder ab 4 Jahren nach dem Bilderbuch von Eric Carle

 

Wenn man am Montag feststellt, dass der beste Freund beschlossen hat, krank zu sein und sieben Tage lang einfach nur daliegen will, dann ist in der Woche der Wurm drin. Jetzt muss man jeden Tag einen Krankenbesuch machen, still am Bett sitzen und die ganze Zeit über nett sein, damit es dem armen Kerl schneller besser geht. Wie langweilig! Was soll man bloß mit einem Freund anfangen, der überhaupt keine Lust hat auf Kartenspielen, Fußball oder auf In-der-Sonne-sitzen-bis-man-ganz-rot-ist? Den nichts bewegen kann, wenigstens ein bisschen mit dem Kranksein aufzuhören? Am besten man hat neben Geduld einen guten Plan. Wie schön, dass es da ein Tier gibt, das für Aufregung sorgt: eine kleine grüne Raupe, die kaum aus ihrem Ei geschlüpft, immer unterwegs ist auf der Suche nach etwas, das sie auffressen kann. Denn, soviel ist klar, sie muss fressen, damit aus ihr mal etwas Ordentliches wird. Und mit diesem sehr hungrigen Haustier beginnt eine Woche voller Überraschungen.

 

Dem amerikanische Grafiker und Autor Eric Carle ist mit seinem Bilderbuch über die immer hungrige kleine grüne Raupe wohl ein Jahrhunderterfolg gelungen. Die Geschichte, mit der Kinder die Abfolge der Wochentage und Zahlen spielerisch lernen können, hat seit ihrem Erscheinen einen beispiellosen Siegeszug weltweit durch die Buchhandlungen, Kinderzimmer und Kindergärten angetreten. Stefan Dehler und Christoph Huber haben aus dem Kult-Bilderbuch eine vierzigminütige trickreiche szenische Dramatisierung für Kindergarten- und Grundschulkinder entwickelt, die die berühmten Fressorgie der Titelheldin in eine amüsante Rahmenhandlung einbettet.

 


Krabat

nach dem sorbischen Volksmärchen

 

Über zwanzig Jahre sind vergangen, seit Krabat aus der Armut seines Elternhauses in die verbrecherische Welt des Teufelsmüllers geflohen ist. Die Zeit seiner Jugend ist längst zur Legende geworden. Vom Ort seiner Lehrjahre, die abgelegene Mühle, in der er gemeinsam mit elf anderen Müllerburschen die Schwarzen Künste erlernte, sind nicht mehr als ein paar verkohlte Balken übrig. Krabat lebt unerkannt als ehrbarer Bauer in einem Dorf in der Nähe. Seine magischen Fähigkeiten setzt er im Verborgenen ein, um den armen Dörflern der Umgebung das Leben zu erleichtern. Nur seine Frau, die ihn als junges Mädchen aus den Händen des Schwarzen Müllers befreite, teilt seine Geheimnisse. Aber die Geister der Vergangenheit lassen Krabat nicht los. Nachts, wenn er seine Zauberkräfte anwendet, kommen die Erinnerungen. Krabat beginnt, die Geschichte seiner Jugendjahre aufzuschreiben - und Mühle, Müllerburschen, der Müller und der Teufel erwachen zu neuem, spukhaften Leben. 

 

stille hunde erzählen mit einfachen Theatermitteln die Geschichte des jungen Krabat in Form von Rückschauen nach: Menschen, die inzwischen Einblick in die verhängnisvollen Mechanismen der Verführung und der Gewalt gewonnen haben, berichten, kommentieren und befragen sich. Mit dem Bild des erwachsenen Krabat knüpft stille hunde an die Tradition des sorbischen Volksmärchens an, die die Figur vor allem als geläuterten Schwarzkünstler kennt, der um sein Seelenfrieden ringt und als heimlicher Wohltäter Sühne für den einstigen Teufelspakt leistet. Mit Krabats Ehefrau kommt in dieser neuen Bühnenfassung des Stoffes zudem eine realistische Figur ins Spiel, die den Heldenmythos um eine weibliche Perspektive bereichert.

 


Siegfried. Das Lied der Nibelungen – leicht gekürzt

Eine kabarettistische Attacke auf ein Nationalepos

 

Wer von Natur aus kein hartgesottener Kämpe ist, dem muss eine PR-Agentur wenigstens zu diesem Image verhelfen: Prinz Sigi wird von professionellen Beratern zum metrosexuellen Athletentyp stilisiert, dem man Kämpfe gegen Drachen und böse Zwerge organisiert. Am Königshof in Worms kommt der frischgestylte Held mit seiner legendären Beute, einem Zauberschwert, einer Tarnkappe und einem Goldschatz bestens an. Er soll König Gunthers Brautwerbung um die bärenstarke isländische Königin Brunhild tatkräftig unterstützen. Als Lohn winkt ihm die Ehe mit der schönsten Frau des Rheins, Kriemhild, die Schwester des Königs. Leider muss der Held auch in Worms mit seiner Tarnkappe für Gunther einspringen, denn Brunhild verweigert sich ihrem angetrauten Weichei im Ehebett. Nachdem er die Widerspenstige für den König überwältigt hat, kommt Sigi auf den dummen Einfall, sich heimlich zwei Trophäen mitzunehmen: Brunhildes Gürtel und ihr Ring. Als Gunthers Ehefrau beides in den Händen von Kriemhild sieht, schwant ihr, dass sie hereingelegt wurde. Sie bläst zur Hatz auf den Helden. Bei einem Jagdausflug ereilt Sigi sein Schicksal. Die Getreuen der Königin meucheln ihn hinterrücks. Und so verendet ein Held jämmerlich an einem Speerstich, um schnurstracks von den Barden in die Untersterblichkeit geklampft und gesungen zu werden.

 

Die satirische Betrachtung des populären Heldenmythos ergänzt das Repertoire von stille hunde um einen fast schon und beinahe nicht mehr literarischen Kabarettabend. Kurz und knapp erzählen drei Darsteller in fliegendem Rollenwechsel die Siegfried-Sage nach, scheuen sich nicht vor Kürzungen und Improvisationen, kruder Dramaturgie und kruden Stilmitteln. 

 


 

 

2009


7 Orte (2)

Eine Stadtrauminszenierung

 

Sieben Orte in der Göttinger Innenstadt werden zu Bühnen für Tanz und Lyrik, Minidramen und chorisches Theater. Die Themen der Aktionen sind dabei so vielfältig und widersprüchlich wie die Geschichte der Orte, an denen sie stattfinden. Während eines rund 75minütigen geführten Rundganges eröffnen sich den Zuschauern neue Blickwinkel auf vertraute, im Alltag oft wenig beachtete Stätten im öffentlichen Raum. Reale Stadtgeschichte und künstlerische Fiktionen verbinden sich auf diese Weise zu einem neuen und kontrastreichen Bild der Stadt.


stille hunde und artla danse - Die Göttinger Ballettschule haben anlässlich des Tages des offenen Denkmals am 13. September einen szenischen Rundgang in drei Durchgängen konzipiert. Die Route führt von St. Albani bis zum Neuen Rathaus.
 


Im Gedächtnis des Wassers

Eine kurze Geschichte über die Gerechtigkeit

 

Lia, die fünfzehnjährige Tochter des alleinerziehenden Tankstellenbetreibers Gerhart, wurde auf dem nächtlichen Nachhauseweg an einer Bushaltestelle vergewaltigt. Der mutmaßliche Täter, ein junger Mann aus der Nachbarschaft, konnte aus Mangel an Beweisen nicht verurteilt werden. Gerhart fühlt sich von der Justiz verraten. Überzeugt von der Schuld des Freigesprochenen nimmt er das Recht in die eigene Hand.

 

Im Gedächtnis des Wasser ist das bruchstückhafte Protokoll zweier Verbrechen, die durch das Motiv der Rache miteinander verknüpft sind. Ausschnitte aus Gesprächen des Pflichtverteidigers mit dem Vater und der Mutter des Opfers werfen, ergänzt durch Zeugenaussagen, Schlaglichter auf die Ereignisse, die soziale Situation und den Charakter von Opfern und Tätern. Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist ein unlösbarer Konflikt zwischen Recht und Gerechtigkeit. 

 

Das Stück wurde anlässlich der vierteiligen Projektreihe "Drei Farben Licht" in der Klosterkirche Nikolausberg verfasst und eröffnete am 24. Oktober 2009 als erster Beitrag unter dem Titel "Blau" die Veranstaltungsserie. Als Bühnenmusik spielte der Göttinger Lautenist und Gitarrist Andreas Düker Werke für Barocklaute von Sylvius Leopold Weiß und Georg Friedrich Händel

 

Pressestimme

Wie ein Häufchen Elend, zusammengefallen auf einem Stuhl, sitzt Gerhart (Christoph Huber) in der Klosterkirche in Nikolausberg. „Sie sind wie ein Mann, der immer weiter ins Wasser läuft und sich wundert, dass die Hose nass wird“, beschreibt der Anwalt (Stefan Dehler) die prekäre Situation des alleinerziehenden Vaters. „Waren Sie schon mal am Meer?“, so der Anwalt weiter. „Wenn Sie einen Felsbrocken hineinwerfen, schlägt es zwar etwas größere Wellen, aber Sie haben sich dabei verhoben.“

„Blau – Im Gedächtnis des Wassers“ lautet der Titel der szenischen Lesung in der Kirche, die Huber und Dehler für den ungewöhnlichen Ort geschrieben haben. Gerhart ist der Vater von Lia, das Mädchen ist 15 Jahre alt. Der Tankstellenbesitzer arbeitet viel und ist mit der Erziehung seiner Tochter überfordert. Als Lia vergewaltigt wird, muss Gerhart sich mit dem Gefühl auseinandersetzen als Vater versagt zu haben. Gegen den Willen seiner Tochter zeigt er den mutmaßlichen Täter an, die Beweislage ist aber kritisch für den Kläger, denn in jener Nacht hat es stark geregnet, alle Spuren sind weggewaschen. Der Beschuldigte wird freigesprochen. Nach der Verhandlung sucht Gerhart den Täter auf und erpresst ein Geständnis.

Die Vorzüge des alten Gemäuers sind nicht einfach umzusetzen, aber richtig eingesetzt ist die Wirkung groß. Die Atmosphäre ist düster und melancholisch. Die zwischen den Stuhlreihen aufgebaute Bühne und bildet eine Art Laufsteg. Die Wirkung des authentisch dargestellten Stücks wird durch die Enge verstärkt. Die Zuschauer sitzen beinahe auf der Bühne, auf Augenhöhe mit den Schauspielern. Sie tragen Mikrophone, man hört nur das leise Atmen durch die Kirche hallen. Eine Putzfrau wringt einen Lappen aus, es plätschert. Das Bild von Lia, der Tochter, die man weder zu Gesicht bekommt, noch sprechen hört, ist dennoch vielschichtig. Denn die Geschichte wird aus vielen Blickwinkeln erzählt. Der Lkw-Fahrer, der Lia in jener Nacht gesehen hat, der Arzt, der sie behandelt hat, die Aussagen der Freundinnen mit denen sie zusammen war und zuletzt die Geschichte der geschiedene Mutter.

Das Stück ist das erste in einer Reihe von vier Produktionen. Sie wurden von verschiedenen Autoren eigens für die Aufführung in diesem Gemäuer verfasst.
Göttinger Tageblatt, 29. Oktober 2009

 


Lachende Wüsten

Eine kurze Geschichte über die Liebe

 

Es scheint Liebe auf den ersten Blick zu sein. Auf einer Betriebsfeier lernt Wolfgang Irene, die Frau seines engsten Mitarbeiters Joachim, kennen. Bereits an dem Abend gesteht er Irene seine Verliebtheit. Irene geht auf Wolfgangs Avancen im Rahmen der Konventionen ein, macht ihm aber unmissverständlich klar, dass sie kein Interesse an einer Affäre hat. In den folgenden Wochen versucht Wolfgang immer wieder, sich zwischen das Paar zu drängen. Seine Übergriffe verursachen Spannungen zwischen den Eheleuten. Als ein Ingenieur wegen Krankheit für einen riskanten Auslandseinsatz ausfällt, fällt Wolfgangs Wahl auf Joachim. Joachim nimmt den Auftrag trotz Irenes Einwände an. Obwohl er davon überzeugt ist, dass Wolfgang beabsichtigt, seine Abwesenheit auszunutzen, vertraut er ihr... 

 

Lachende Wüsten beschreibt eine banale wie unheilvolle Dreiecksbeziehung, in der Sympathie, sexuelles Begehren und eheliche Liebe in spannungsvollem Kontrast zueinander stehen – eine Geschichte, in der Leidenschaft und Liebe ebenso komische wie tragische Züge annehmen können.

 

Das Stück wurde anlässlich der vierteiligen Projektreihe "Drei Farben Licht" in der Klosterkirche Nikolausberg verfasst und wurde am 14. November 2009 unter dem Titel "Rot" als dritter Beitrag der Veranstaltungsserie gezeigt. Als Bühnenmusik spielte der Göttinger Lautenist und Gitarrist Andreas Düker Werke für Vihuela aus der Zeit der spanischen Renaissance: Stücke von Milan, Narváez, Valderrábano und Mudarra.

 

Pressestimme

Die bekannteste Ehebruchsgeschichte der Weltliteratur – Brecht hat sie mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination oft gelesen – steht in der Bibel: König David bemächtigt sich der schönen Bathseba, schwängert sie und schickt, um diese Untat zu vertuschen, deren Mann Uria, einen überaus loyalen Soldaten, perfide in den Tod auf dem Schlachtfeld. Der Prophet Nathan führt dem König mit einer Parabel dessen Schuld vor Augen, das Kind stirbt, David und Bathseba heiraten, der gesegnete Thronfolger Salomo wird geboren. 

Eine Sex-and-crime-Geschichte, die auf die Bühne zu bringen einiges an dramaturgischem Geschick erfordert, zumal wenn sie als gegenwärtige Geschichte adaptiert wird. Am Sonnabend war eine packende Inszenierung dieses Dramas im Rahmen des Nikolausberger Theaterprojekts „Drei Farben – Licht“ zu erleben: Stefan Dehlers szenische Erzählung Lachende Wüsten. 

Sechs rot gedeckte Tische – sie geben Halt, bilden aber auch ein Labyrinth – in der Mitte der Klosterkirche nötigen die Schauspieler zu einem Höchstmaß an Präsenz, das das Lesen aus den Textbüchern noch zulässt. Dehler selbst übernahm die Uria-Rolle des Ingenieurs Joachim, der von seinem Chef und Freund Wolfgang (Christoph Huber) zu einer Montage in den Irak geschickt wird und dort zu Tode kommt, nachdem die Sicherheitsvorkehrungen reduziert worden waren. Motiv für dieses Schurkenstück ist Joachims Frau Irene (Tasha Skowronek), die der großspurige und übergriffige Wolfgang unverhohlen anmacht. Irene erfährt, dass Wolfgang Menschen so „ansieht, dass sie bloßgestellt werden“. 

Tasha Skowronek gibt eine tapfere und hilflose Bathseba-Irene, die freilich „rot im Gesicht“ wird, was eine groteske Brechung des begehrlichen Rots ist. Joachim ist zwischen Liebe und Loyalität gefangen, seine Liebe spinnt sich ein in Fatalismus. Diese selbstquälerische Dreiecksbeziehung setzt Angst, Zorn und Hass, Misstrauen und Verzweiflung frei – was ist ein Gewand der Liebe, was nur ein knapper Schurz der Begierde? 

Dass die Liebe „alles kaputt macht“, sagt Irene, als sie zwischen den beiden Männern steht, und meint damit kaum nur die begehrende Liebe, sondern auch die Hingabe. Wie erfüllte Liebe Menschen verwandelt, verrät Wolfgangs Sprache: Spricht er als Begehrender noch grob, anzüglich, zeigt er sich später als Irenes Mann sensibel. Unklar ist, in welchem Maß Dehler die Kontamination der Liebe durch Macht wahrgenommen hat. Dehler konzentriert sich in seiner Adaption der biblischen Geschichte auf die verstörend-zerstörerische Seite der Liebe. Die durch die Propheten-Parabel bewirkte Schuldeinsicht und Sühne in der Bibel wird nicht thematisiert. Klug vermeidet Dehler simple Parallelisierungen: Anders als der biblische David etwa ist Wolfgang geschieden. Eindrucksvoll, wie hier das biblische Loyalitätsverhältnis David-Uria in Freundschaft transformiert wird, die der Liebe zum Opfer fällt. Bewegend, wie manches in der Schwebe bleibt: So antwortet Irene auf die Frage ihres zweiten Mannes Wolfgang, ob sie „es eigentlich bereut“ habe, mit einem kryptischen „Nein – das nicht.“ 

Andreas Düker bespielte Szenen und Pausen mit intimer Musik aus dem Spanien des 16. Jahrhunderts. Dazu nahm er mit seiner Vihuela, einer spanischen Frühform der Gitarre, Platz auf vier Podesten hinter den Zuschauern. Schöne Musik – aber warum diese und nicht etwa Blues? Fazit: Hier war biblisch inspiriertes Theater von Rang zu erleben. Dieser eindrücklichen Premiere sollten noch viele Aufführungen folgen.  

Göttinger Tageblatt, 17. November 2009 

 


 

 

2010


Nipple Jesus

Monolog von Nick Hornby

 

Den ehemaligen Türsteher David hat es in die Kunstszene verschlagen. Seit ein paar Wochen ist er Aufseher in einer Galerie. Den Job hat er vor allem seiner Frau zuliebe angenommen - na ja, man wird nicht jünger, und die Arbeitszeiten im Nachtclub sind für einen Familienvater nicht die besten. Ein kleiner Trost ist, dass ihm die Museumsleitung eine seinen Fähigkeiten angemessene Sonderaufgabe zugeteilt hat. David ist abgestellt, um ein Kunstobjekt zu bewachen, das Potential zum Skandal hat: NippleJesus heißt das Bild einer jungen Künstlerin, das den gekreuzigten Christus zeigt –zusammengesetzt aus kleinen Bildern entblößter Frauenbrüste, Papierschnipseln, ausgeschnitten aus Pornomagazinen. Anfänglich ist David schockiert von dem Kunstwerk, aber je länger er sich mit dem Bild beschäftigt, je mehr er mit dogmatischen Kunstrichtern und Sittenwächtern konfrontiert wird, um so mehr findet er sich bereit, die Arbeit der Künstlerin zu verteidigen. Als es eines Tages religiösen Fanatikern gelingt, einen Anschlag auf das Bild zu verüben, ist er tief geknickt - und muss wenig später feststellen, dass er mehr als er jemals ahnte, Teil des Kunstwerks geworden ist.

 

Der Monolog des Kult-Autors Nick Hornby aus dem Buch "Speaking with the Angel" ist eine geistreiche Komödie über Kunst und Kommunikation - und der einzige Text, den der Autor bislang für die Bühne freigegeben hat. stille hunde zeigt die Geschichte des sich zunehmend mit dem Skandalwerk identifizierenden Aufsehers David mit Christoph Huber in der Hauptrolle in den Räumen der Galerie Apex. 

 

Pressestimme

Die Zuschauer sitzen in drei Stuhlreihen an der Längsseite des Raums, die Vorhänge sind komplett zurückgeschoben, alles ist hell erleuchtet, viel weiße Wand. Die Apexbühne erstreckt sich nicht nur über das Podest, sondern reicht bis hinter die Plätze der Zuschauer, der ganze Raum ist Schauplatz. Das Publikum sitzt mittendrin. Mitten in einer Kunstgalerie und ihrer typisch reduzierten, kühlen Atmosphäre.

Auf dem Podest steht ein einziger Betonsockel, auf dem ein vor sich hindudelndes altes Radio mit angeklebter Blume thront. An der Längsseite des Raums ein weiteres Kunstwerk: Mit Paketband kleben Umrisse dreier überdimensionaler Nikolaushäuser an der Wand. Dann kommt David. Ein Koloss von Mann. „Ich bin 1,88 Meter groß und habe fast 100 Kilo. Ich sehe handfest aus, sag ich mal.“ Meint er in osteuropäischem Dialekt, und seine ganze Erscheinung ist so sehr die des ehemaligen Türstehers eines Nachtclubs, dass man keinen Moment im Zweifel ist, dass die Geschichte, die er nun zu erzählen beginnt, stimmt.

David, gespielt von Christoph Huber, hat seinen Job in der Disco geschmissen („Ich will nicht vor irgendeinem verwichsten Club sterben!“) und arbeitet nun als Aufseher in einer Galerie. Ein ruhiger Job sollte man meinen. Allerdings soll David ein Kunstobjekt bewachen, das einen Skandal provozierte: Das Bild heißt „Nipple Jesus“ und ist die Collage des gekreuzigten Jesus Christus bestehend aus tausenden zusammengesetzten Brustwarzen, ausgeschnitten aus Pornomagazinen.

Zunächst ist David hin- und hergerissen zwischen Faszination und Abscheu. Nachdem er aber einige Stunden vor und mit dem Bild Wache gehalten hat, wird er nachdenklich. „Man sieht richtig, wie weh das getan haben muss, als sie ihn da angenagelt haben! Ein verdammt gutes Bild, weil es einen zum Nachdenken bringt!“ meint der einfache Mann und merkt dabei nicht, wie tief er selbst schon in die Welt der Kunst eingedrungen ist.

David wird konfrontiert mit religiösen Fanatikern, vermeintlichen Intellektuellen und schließlich mit der Künstlerin selbst. Über seiner täglichen Arbeit merkt er nicht, dass er selbst Teil des Kunstprojekts geworden ist, und so kommt die Pointe schließlich für alle überraschend. Wie sehr das Publikum von der Atmosphäre und Authentizität ergriffen ist, die die Stillen Hunde unter der Regie von Stefan Dehler in ihrem Einpersonenstück nach einer Kurzgeschichte von Nick Hornby schaffen, zeigt sich in einem unvorhergesehenen Zwischenfall: Christoph Huber (David) verschwindet plötzlich hinter der Bühne und tritt nicht wieder auf. Das Publikum wundert sich nicht und geht davon aus, dass das Verschwinden Teil des Stücks ist. Einige Minuten später erscheint dann aber der Regisseur und berichtet, dass Huber übel geworden sei. Worauf sich die Zuschauer zweifelnd fragten: Ist das jetzt echt?
Ja, es war echt. Nach einiger Verwirrung und kurzer Unterbrechung las Dehler dann den Schluss vor. Trotzdem ein ergreifender Nachmittag und ein lohnendes Stück.

Göttinger Tageblatt, 03.Februar 2010 

 


Der Drachentöter:  Die Sage vom Siegfried, sehr frei nacherzählt vom Wandertheaterbetreiber Alberto Kniff 

Eine Komödie in sieben Bildern nach den alten Heldengesängen 

 

Heimische Wälder: drachenfrei heute. Schuld daran: der Kampfgeist einstiger Recken. Der berühmteste: Siegfried. Aus dessen Leben hat der Wandertheaterbetreiber Alberto ein Stück gemacht. Mit sich selbst als einzigem Darsteller will er sein Meisterwerk auf die Bühne bringen. Bedroht wird die künstlerische Großtat durch seinen Helfer, der frech nach der Titelrolle greift. Und so stolpern Herr und Diener streitend durch alle Hohlwege und Hürden der alten Sage und verbrennen sich nicht nur an Drachenatem, gut beheizten Jungfrauenfelsen und heißer Liebe die Finger.

 

Pressestimme

Eine dürftig zusammengeschusterte Wandertheaterbühne, vielleicht irgendwo auf einem Jahrmarkt oder Volksfest: ein paar ramponierte Paletten, ein staubiger Vorhang, eine Lichterkette und ein Kühlschrank.  

Was diese Szenerie zu tun haben soll mit Siegfried, dem kampferprobten Helden nordischer Sagen, den Inbegriff der Männlichkeit und des Mutes, der sich auszeichnet durch körperliche Größe und Jugendschönheit, durch gewaltige Kräfte und Augen, die so scharf sind, dass niemand hineinsehen kann, erschließt sich erst, als die „Stillen Hunde“ die Bühne in der Stadtbibliothek betreten. Alberto Kniff (Christoph Huber), in erster Linie gescheiterte Existenz mit Hang zum Alkoholismus, will sein selbst geschriebenes Meisterwerk „Siegfried“ mit sich selbst als einzigem Darsteller aufführen. Was schnell deutlich wird: Die des heldenhaften Siegfrieds ist die Rolle, in der er sich selbst am ehesten sieht – schön, stark und voller Testosteron. Gerechnet hat er dabei nicht mit seinem Lakaien Schalentier, der, schikaniert und ausgelaugt, scheinbar noch weniger zu verlieren hat, als sein Meister. Stefan Dehler glänzt in der Rolle des ewigen Verlierers, ungepflegt und mit dicker Hornbrille, der sich ungeniert und ausdauernd kratzt und dem Leben gegenüber einen unwiderstehlichen Witz entwickelt hat. Ausgerechnet er ist es, der die Rolle des Siegfried dann doch an sich reißen kann, und so entsteht eine urkomische Aufführung, in der die beiden gestrandeten Lebenskünstler über sich selbst hinauswachsen. Die Bühne macht möglich, was im wahren Leben so gar nicht gehen will. 

Der trottelige, kurzsichtige Diener hat Gelegenheit als mutiger, scharfsichtiger Siegfried hoch über dem Drachen, seinem Meister, zu stehen und ihn windelweich zu prügeln. Der Meister, der so gerne jemand wäre, reitet als König Gunther nach Island, um seine Brunhild zu heiraten. Stärken müssen sich die beiden immer wieder mit „Drachenatem“, der das Schnapstrinken während der Aufführung legitimiert und der ihnen über manches Fehlen von Requisiten hinweghilft. Ein Kehrbesen wird zum Pferd, der Kühlschrank zum Grabstein Siegfrieds. 

Musikalisch untermalt wird „Der Drachentöter“ von dem Gitarristen Leon Hast, der konstant alle Stimmungen und Spannungen eindrucksvoll einfängt. Der Abend wird so wieder zu einem kreativ, humoristischen Glanzstück der „Stillen Hunde“. Unerschrocken und wendig poltern sie über die Bühne und schaffen eine Geschichte in einer Geschichte über eine nordische Sage – mit sagenhaftem Witz. 

Göttinger Tageblatt, 17. August 2010 

 


Cyrano von Bergerac

nach dem Schauspiel von Edmond Rostand

 

Christian ist gutaussehend, Cyrano intelligent. Was der eine hat, fehlt dem anderen. Zusammen ergäben die beiden aber den idealen Mann - einen, wie ihn sich die schöne Roxane als Liebhaber erträumt. Also arbeiten die ungleichen Freunde gemeinsam daran, Roxane zu erobern. Mit Cyranos Ideen und Christians gutem Aussehen gelingt das. Roxane ist begeistert von den Briefen und Gedichten, die Christian ihr schickt, die aber allesamt aus Cyranos Feder stammen. Als sich Christian dank Cyranos Einflüsterung auch bei den heimlichen Treffen unter vier Augen als intelligent und einfühlsam zeigt, glaubt Roxane, den Mann fürs Leben gefunden zu haben. Die Freude der Männer über diesen Erfolg hält nicht an; insgeheim wissen sie: Alles ist Illusion. Keinem gehört das Herz Roxanes allein...


stille hunde zeigt Edmond Rostands berühmte Dreiecksgeschichte, die als Liebeskomödie beginnt und als Tragödie der Lügen, Selbstverleugnungen und Selbsttäuschungen ausklingt, in einer konzentrierten und pointierten Neufassung. 

 


 

2011


Sophie Scholl

nach zeitgeschichtlichen Dokumenten

 

Als im Frühjahr 1942 die zwanzigjährige Kindergärtnerin Sophie Scholl aus dem Reicharbeitsdienst entlassen wird, ist zu Hause bei ihrer Familie in Ulm die Situation angespannt: Ihrem Vater, der im Beisein einer seiner Angestellten eine kritische Bemerkung über Hitler gemacht hat, droht eine Anklage. Sophies eineinhalb Jahre älterer Bruder Hans, der in München Medizin studiert, beschließt gegen das Regime aktiv zu werden. Nur Sophie deutet er seine Pläne an, mit Flugblättern an die Öffentlichkeit zu treten. Sophie folgt ihm nach München, um ebenfalls zu studieren. Hans führt sie ein seinen Freundes- und Bekanntenkreis ein, in dem sich regimekritische Intellektuelle bewegen, die auf eine vernichtenden Niederlage der Wehrmacht und damit auf ein Ende der Herrschaft Hitlers hoffen. Ende Juni bis Mitte Juli kursieren in München und Ulm plötzlich vier Flugblätter mit politisch brisanten Botschaften. Die anonymen Verfasser, die zum Widerstand gegen Partei und Krieg auffordern, nennen sich „Die Weiße Rose“. Sophie ahnt, dass ihr Bruder und dessen bester Freund Alexander Schmorell hinter der Sache stehen, schweigt aber gegenüber der Familie, den Freunden und Bekannten. In den Semesterferien, als Hans zum Sanitätsdienst nach Russland beordert ist, ihr Vater inhaftiert wird und sie Kriegshilfsdienst in Ulm leisten muss, reift ihr Entschluss: Sie wird an zukünftigen Widerstandsaktionen praktisch mitwirken. Im November beginnt sie mit Hans und einigen Freunden ein mühevolles und gefährliches Unternehmen – das im Februar 1943 ein tragisches Ende nimmt, als die Geschwister beim Verteilen von Flugblättern in der Münchner Universität entdeckt und festgenommen werden.

 

stille hunde hat ein biografisches Stück entwickelt, das das letzte von existenziellen Entscheidungen geprägte Lebensjahr der Widerstandskämpferin vorstellt und damit ein Schlaglicht auf eine außergewöhnliche studentische Aktionsgruppe wirft, die unter Einsatz des Lebens gegen den Fortbestand des nationalsozialistischen Unrechtsregimes protestierte.

 

Pressestimme

Sophie Scholl wurde am 9. Mai 1921 in Forchtenberg geboren. 90 Jahre später ehrt nun die Theaterproduktion der „Stillen Hunde“ die Widerstandskämpferin mit dem Einpersonenstück „Sophie Scholl – Ich will mir meinen Mut durch nichts nehmen lassen“, das am Montagabend im vollbesetzten Apex in Göttingen Premiere hatte.

Kaltes Licht erhellt den Zuschauerraum. Die Stuhlreihen sind entlang der Wände platziert, und das Publikum sitzt nicht nur nah dran am Geschehen, es ist mittendrin. Von Anfang an gelingt es nicht, sich bloß als Zuschauer zu fühlen, der im Dunkel eines Theaters verschwindet, sondern man wird in die Situation hineingezogen, weil die Besucher auf Augenhöhe sind mit der Protagonistin.

Das nach zeitgeschichtlichen Dokumenten entwickelte Stück von Tasha Skowronek und Stefan Dehler fokussiert die Persönlichkeit der jungen Scholl. Im Blick ist eine enthusiastische Frau, die als Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ ihrer Überzeugung wegen in die Fänge der Nationalsozialisten gerät und schließlich gemeinsam mit ihrem Bruder Hans Scholl und dem Freund Christoph Probst wegen Wehrkraftzersetzung und Vorbereitung zum Hochverrat innerhalb weniger Tage zum Tode verurteilt und hingerichtet wird.

Skowronek glänzt in der Rolle der Sophie Scholl, die das Publikum zunächst mädchenhaft übermütig, dann leidenschaftlich und verzweifelt aggressiv und schließlich gefasst und ganz bei sich mit in ihre Gedanken- und Gefühlswelt nimmt. Ihr gelingt es, den Widerstand gegen die Nationalsozialisten und die Brutalität des Regimes mitten in den Zuschauerraum zu holen und ihre Erfahrungen vom abenteuerlich-berauschenden Gefühl während der ersten Flugblattaktion bis in die Kälte und Nüchternheit des Hinrichtungsraums beklemmend darzustellen.

Auf der einen Seite kommt immer wieder die wissbegierige Studentin zum Vorschein, die mit vorfreudiger Aufgeregtheit auf ihr erstes Semester an der Münchner Universität schaut. Stolz ist sie auf ihre erste eigene Wohnung, auch wenn es in Wirklichkeit nur ein beengtes Zimmer ist. Sie saugt das volle Leben in sich auf, schwärmt für die Freunde ihres älteren Bruders Hans, lässt sich beeindrucken von begeisternden und mutigen Professoren.

Diese mädchenhaft-träumerische Sophie nimmt man Skowronek in ihrer weißen Bluse und mit der Spange im gescheitelten Haar genauso ab, wie das andere Gesicht dieser für ihr Alter so klugen, feinfühligen Frau: die Sorge um den Bruder an der Front und den Vater im Gefängnis, die harte Arbeit in der Fabrik, wo sie den russischen Zwangsarbeiterinnen ihr Pausenbrot zusteckt und nicht zuletzt ihre Ohnmacht gegenüber den sich übermächtig gebärdenden Nazis, während sie verzweifelt auf der Schreibmaschine Adressen für die Verschickung der Flugblätter tippt.

Skowronek schafft es, die Ambivalenz, die in der Persönlichkeit Scholls zu schlummern scheint, überzeugend darzustellen und es gelingt, das Bild einer kraftvollen, mutigen Frau zu zeichnen, die schließlich ihr Leben für ihren Glauben und ihre Überzeugungen mit den Worten lässt: „Freiheit. Ich bin schon fort.“

Göttinger Tageblatt, 11. Mai 2011

 


Herr Faust will alles wissen

Stück für Kinder ab 5 Jahren von Stefan Dehler und Christoph Huber

 

Herr Faust liebt Bücher. Am liebsten sitzt er zu Hause und liest. So wie heute. Aber da bellt ein Hund in seinem Garten. Das stört Herrn Faust beim Lesen. Also geht er hinaus, um den Hund einzufangen. Herr Faust ist sehr erstaunt, dass er da draußen einen merkwürdigen Mann antrifft, der angeblich mal ein Hund war und sich nun als Herr Teufel vorstellt. Herr Faust ist überzeugt davon, dass Herr Teufel ein Zauberer ist, und so bittet er ihn, ihm ein paar Wünsche zu erfüllen. Herr Teufel ist einverstanden, wenn er dafür ein Herz bekommt. Herr Faust ist bereit, seines herzugeben, und danach ist Herr Teufel zu allen Schandtaten bereit. Er macht Herrn Faust zum König und sich zum Diener. Er holt Wein aus seiner Tasche und Geld aus seiner Hose, und dann organisiert er eine Weltreise und führt Herrn Faust zu all den Orten , die der noch nie gesehen hat. Aber irgendwann ist auch die längste Reise zu Ende. Herr Teufel möchte nun das Herz. Es steht ihm ja zu. Herr Faust muss es hergeben. Damit könnte sein Leben und diese Geschichte zu Ende sein, aber ein ganz kleines bisschen anders kommt es dann doch.

 

Stefan Dehler und Christoph Huber erzählen die Geschichte des mit allen Mitteln den Sinn des Lebens suchenden Universalgelehrten Faust als Märchen von der Entdeckung der Welt. Ihre Helden Herr Faust und Herr Teufel begeben sie sich auf eine fantastische Reise,  ersteigen die höchsten Berge, tauchen in den Ozean, spucken von den Wolken und erleben ganz am Ende unverhofft ein wahres Wunder.

 


Der Fall Vanunu

nach zeitgeschichtlichen Dokumenten

 

Als im Spätsommer 1986 Reporter der in London erscheinenden Sunday Times Informationen über ein geheimes Atomwaffenarsenal in Israel zugespielt bekommen, bahnt sich ein internationaler Skandal an. Nach anfänglicher Skepsis vertrauen die Journalisten ihrem Informanten, dem ehemaligen Nukleartechniker Mordechai Vanunu. Dessen Angaben erweisen sich nach Einschätzung von Experten als stichhaltig. Kurz vor der Veröffentlichung der brisanten Fakten verschwindet Vanunu plötzlich spurlos - wie sich später herausstellen wird, entführt durch Agenten des israelischen Geheimdienste, um den vermeintlichen Spion und Landesverräter in Israel vor ein Gericht stellen zu können.


Mit dem dokumentarischen Theaterstück greift stille hunde Ereignisse der jüngeren Geschichte auf. Gemeinsam mit der Göttinger Sektion von Amnesty international wurde ein szenisches Protokoll konzipiert, das die spektakuläre Enthüllung des israelischen Nuklearwaffenprogramms vor fünfundzwanzig Jahren nachzeichnet. Anhand des Schicksals eines politischen Aktivisten wird darin die Frage nach der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen zum Schutz staatlicher Interessen aufgeworfen.

 


 

2012


Der kleine Opernfreund: Wie’s schallt, wo’s raucht

Ein satirischer Streifzug durch die Welt der Barockoper

 

Oper ist Schall und Rauch. Vor allem Schall; der ist selbstverständlich das Wichtigste. Rauch ist auch nötig, wenn es so etwas wie eine Zauberoper ist. Dann nämlich geht nichts ohne Rauch. Aber auch, wenn es keine Zauberoper ist, raucht es meist gewaltig in der Oper, sagt man doch: „Wo Rauch ist, ist auch Feuer.“ Und in jeder Oper, die diesen Namen verdient, lodert Feuer. Das der Emotionen. „Ein Kraftwerk der Gefühle“, zitiert der nette Herr Freund mit der großen, unsortierten Plattensammlung und der noch größeren, noch weniger sortierten Begeisterung für die Oper eine Geistesgröße, deren Namen er vergessen hat, dessen Beschreibung er aber höchst zutreffend findet, und fügt selbst dichtend an: „Hier werden die Dinge heißer gegessen, als sie gekocht sind.“ Immerhin ist die Oper eine Erfindung der Italiener, erinnert sich Herr Freund. Und die gelten ja als ungehemmt, was den Ausdruck ihrer Emotionen betrifft. Dem stimmt zwar Herrn Freunds Zufallsbekanntschaft Herr Sawtschenko nur bedingt zu, denn für den ehemaligen Bassbariton mit ukrainischen Wurzeln gilt nur die sprichwörtliche slawische Empfindungstiefe in Sachen Oper etwas. Bei ein paar Gläsern Wodka und einigen beherzten Griffen in die Plattenkiste kommen die beiden „Spezialisten“ aber dann doch irgendwie zusammen. Mit mehr oder weniger Witz und Verstand erörtern sie - jeder auf seine ganz persönliche Weise -  das Geheimnis der klingenden Leidenschaften, und während der eine sich ausgiebig in der bizarren und faszinierende Barockzeit umtut, verweilt der andere ausdauernd bei den Stationen der eigenen, selbstredend großartigen Sängerkarriere.

 

Stefan Dehler und Christoph Huber schlüpfen für rund eine Kabarettstunde in die Rollen der beiden grundverschiedenen Opernfreunde, die frei von akademischem Expertenwissen Geschichte und Geschichten des Musiktheaters referieren. Spitzentöne und Spitzengagen, Irrungen, Wirrungen, sexuelle und andere Paarungen, die Händel und der Händel kommen dabei zur Sprache. Selbstredend mit Klangbeispielen, wenn sich die richtige Platte findet.

 


Der Grüffelo

Stück für Kinder ab 4 Jahren nach dem Bilderbuch von Julia Donaldson und Axel Scheffler

 

Wer klein und schwach ist, muss klug sein. Das ist eine alte Weisheit. Sie gilt vor allem für die Maus. Auf ihrem Weg durch den Wald muss sie sich beständig vor ihren vielen Feinden hüten, die sie zum Fressen gern haben. Und die Maus der Geschichte ist eine besonders schlaue und mutig noch dazu. Allen hungrigen Waldbewohnern, die ihr an den pelzigen Kragen wollen, erzählt sie kurzerhand, sie sei mit dem stärksten Tier weit und breit befreundet, ja sogar an Ort und Stelle verabredet, dem furchtbaren „Grüffelo“. Das Bild, das die Maus von ihrem fantastischen, Waldtiere verspeisenden Freund zeichnet, schlägt Fuchs, Eule und Schlange gehörig auf den Magen, so dass sie allesamt die Flucht antreten. Nur, was passiert, wenn die Mäusemärchen wahr werden und es das Monster tatsächlich gibt, das am Ende auch noch am liebsten Maus auf Butterbrot verputzt?

 

stille hunde haben sich der beliebten Bilderbuchgeschichte angenommen und mit Julia Donaldsons Tierfiguren eine aktionsreiche und witzige Hinterhofgeschichte für Kinder ab 4 Jahren über die Macht der Fantasie und die Stärke der Schwachen in Szene gesetzt.

 


 

 

2013


Briefsteller

Szenische Lesung des Romans von Michail Schischkin

 

Eine Frau verliert ihren Liebhaber, aber nicht ihre Liebe. Sascha und Wolodja haben nur einen gemeinsamen Sommer, dann reißt der Krieg sie auseinander. In Gedanken bleiben sie sich nah, Briefe verbinden sie. Während Wolodja ihr von den täglichen Gräueln an der Front berichtet, erzählt Sascha von alltäglichen Begebenheiten, zeichnet ein Bild der vermeintlichen Normalität zu Hause. Als Wolodja umkommt, bedeutet sein Tod keine endgültige Trennung. Sascha hält an ihren Gefühlen fest. Sie schreibt weiter, unermüdlich, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr um Jahr, und lässt den immer jungen Toten gegen alle Gesetze von Raum und Zeit, gegen die Widrigkeiten der Wirklichkeit und gegen alle Schicksalsschläge an ihrem ganzen Leben teilhaben.

Der Roman des 1961 in Moskau geborenen, in der Schweiz lebenden Autors Michail Schischkin ist inzwischen 25 Ländern erschienen und wurde auf der Leipziger Buchmesse 2012 für den Preis der besten Übersetzung nominiert.  Erste Theaterfassungen wurde bereits in Russland, der Ukraine und der Schweiz aufgeführt. Für die Göttinger Produktion hat Stefan Dehler den Text auf der Grundlage der Übersetzung von Andreas Tretner neu eingerichtet. Die Hauptrolle übernimmt Charlotte Schwab. Die gebürtige Schweizerin steht seit über dreißig Jahren auf der Bühne. Einem breiten Publikum wurde sie vor allem durch ihre zahlreichen Auftritte in Film- und Fernsehproduktionen bekannt.

 

Pressestimme

Jede tiefe seelische Verbindung zu einem anderen Menschen eröffnet Räume, durch deren Türen nur die Beteiligten gehen können.

Vielen Liebespaaren der Weltliteratur – seien es nun Romeo und Julia oder Ferdinand und Luise – bleibt bei allen Widrigkeiten, verursacht durch Familienfehden oder gesellschaftliche Hindernisse, nur der Tod als Tür zum Raum der Vereinigung, als ihr „Land der Liebenden“. Eine solche Figuren-Konstellation prägt auch den preisgekröntehn Roman „Briefsteller“ von Michail Schischkin. Zusammen mit der aus Theater, Film und Fernsehen bekannten Schauspielerin Charlotte Schwab brachten Stefan Dehler und Christoph Huber von den „Stillen Hunden“ den Roman als szenische Lesung auf die Kultursommerbühne des Alten Rathauses.

Die beiden durch Krieg voneinander getrennten Protagonisten aus Sascha und Wolodja, schreiben sich Briefe, sie von daheim, er aus dem Kampf gegen chinesische Rebellen im sogenannten Boxeraufstand Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie halten die Erinnerung aneinander wach, geben sich Halt. Die große räumliche Distanz lässt sie offener werden, ermöglicht einen innigen, intimen Austausch zwischen der weiblichen Welt Saschas daheim in Russland und der grauenhaften Männerwelt des Krieges.

„Mit dir bin ich ich“, schreibt Sascha ihrem Wolodja, den sie selbst nach seinem Tod fürs Vaterland nicht verliert. Er bleibt ihr Ansprechpartner, ihr Lotse durch die Untiefen des Lebens, jemand, den sie schreibend am Leben erhält. Facettenreich verkörperte Schwab mit ihrer tiefen, rauen Stimme sowohl die jugendlich verspielte Sascha, als auch die gesamte Entwicklung zur reiferen Frau, die sich ohne ihre erste große Liebe durchs Leben kämpft. Barfuß wandelt sie über die – das Moment der Vergangenheit betonende – mit weißen Tüchern verhüllte Bühne, die sie mit ihren Briefen (oder Leseblättern) bedeckt. Die Briefe sind alles, was bleibt. Hinter einem weißen Stoff steht ihr Liebster, ewig jung und lebendig, ihr ewig nah.

Darsteller und Lesende wandeln zuweilen mutig aber gekonnt auf dem schmalen Grat zur Rührseligkeit. So manche Szene geht in ihrer detaillierten Beschreibung und schonungslosen Darstellung an die Schmerzgrenze, so zum Beispiel der Verlust von Saschas Kind. Bedrückende Momente, zu der die Hitze im Raum ihr Übriges tut. Aber auch ohne diese Hitze hätte der „Briefsteller“ wohl kaum jemandem an diesem Abend kalt gelassen, und man geht mit dem sehr dringlichen Gefühl, endlich mal wieder einen aufrichtigen, inhaltsvollen Brief an einen lieben Menschen schreiben zu müssen. Zur Krönung vielleicht sogar mit Tinte auf Papier.

Göttinger Tageblatt 05. August 2013

 


Macbeth

nach der Tragödie von William Shakespeare

 

Macbeth, Vasall im Dienst König Duncans, öffnet Ohr und Herz bösen Einflüsterungen: Ermutigt durch seine Erfolge an der Kriegsfront, spielt er mit dem Gedanken, eine höhere Laufbahn einzuschlagen. Leider stehen ihm noch die erbberechtigten Söhne des Königs und moralischen Skrupel im Weg. Sein Ehrgefühl kann seine Ehefrau so weit dämpfen, dass er zum Königsmord bereit ist. Als Duncan in seinem Haus eine Siegesfeier abhält, scheint die Gelegenheit gekommen. Mit Hilfe seiner Frau ermordet Macbeth den Dienstherrn und schiebt die Schuld auf dessen Leibwache. Die Söhne des Toten fliehen aus Angst, ebenfalls angegriffen zu werden. Macbeth lässt sich zum neuen Anführer wählen. Damit scheint er am Ziel seiner Wünsche. Frieden findet er aber nicht; im Gegenteil: Die Angst, entlarvt zu werden, steigert sich. Seinen langjährigen Kampfgenossen Banquo lässt er töten, um einen Mitwisser und Konkurrenten loszuwerden. Die Prophezeiung, dass er niemanden zu fürchten brauche, wenn er nur rücksichtslos genug vorgehe, macht ihn selbstsicher. Das Blatt wendet sich, als er den Bogen überspannt und die Familie Macduffs, in dem er einen Verräter wittert, umbringen lässt. Seine Gegner bilden nun eine tödliche Allianz. Während seine Frau, die einstige Triebfeder seines Tuns, in selbstzerstörerischem Wahnsinn versinkt, kämpft der geächtete und verfolgte Macbeth in trotziger Selbstüberschätzung den letzten Kampf.

 

stille hunde zeigen Shakespeares Tragödie vom Aufstieg und Fall eines Königsmörders als konzentrierten kammerspielhaften Psychokrimi. Die eigens für die Produktion entwickelte Textfassung konzentriert das Spiel kunstvoll auf die Hauptfiguren des Dramas: Menschen, die einander verführen und verraten, mal Täter, mal Opfer, immer aber Getriebene und Verlorene sind.

 

Pressestimme

 


 

 

2014


Der kleine Opernfreund: Made in Germany

ein kabarettistischer Streifzug durch Adelshäuser und Ruhmeshallen

 

Das Sympathische an den Engländern ist, dass sie so pragmatisch veranlagt sind, findet Herr Freund. Während im Falle existenzieller Krisen die Deutschen in langwieriges und stets unheilbringendes Brüten verfallen, findet sich der Durchschnittsbrite mit der Empfehlung „Love it or leave it” bestens beraten. Da das Lieben - was auch immer sie darunter verstehen mögen - den Briten schon immer leichter gefallen ist als andere Extremlösungen, konnte es passieren, dass in Ermangelung von heimischen Musiktalenten ein sächsischer Virtuose das Opern- und Oratoriengeschäft in London an sich reißen konnte und in Ermangelung von geeigneten muttersprachlichen Titelanwärtern ein niedersächsischer Adeliger die britische Krone. Dass die beiden Fälle immerhin schon 250 Jahre zurückliegen, kann Herrn Freund nicht davon abhalten, darüber in bewunderndes Erstaunen zu geraten. Gemeinsam mit seinem Bekannten vom Fach, dem Ex-Opernbariton Sawtschenko, geht er den Spuren der beiden Wahlengländern made in Germany nach und erklärt frei von fundiertem Fachwissen, wie der eine und der andere Georg nach England kamen und was sie so erfolgreich machte.

 

Stefan Dehler und Christoph Huber schlüpfen für eine kabarettistische Bühnenstunde in die Rollen des bemühten Opernliebhabers Freund und des abgehalfterten Sängers Sawtschenko, um sich ungezwungen über Langmut und Leidenschaften der Briten, deutsche Wertarbeit, wahren und falschen Adel, Bratwurst, Porridge und Porter auszulassen - wenn möglich gerne auch mit Musikbeispielen.

 


Faust

von Johann Wolfgang Goethe

 

Der Universalgelehrte Faust ist mit dem Latein am Ende. Seiner quälenden Neugier sind nach Jahren des Forschens und Studierens endgültig Grenzen gesetzt. Kein Buch und weder wissenschaftliche noch magische Verfahren können ihm das Geheimnis des Daseins enthüllen. Enttäuscht von der eigenen Unzulänglichkeit erwägt er den Selbstmord als letzten Schritt zur Erkenntnis. Nur das Heilsversprechen der Osternacht hält ihn zurück, und so trifft ihn am nächsten Tag der Teufel Mephistopheles noch lebend an, um ihm einen Pakt vorzuschlagen. In der Gewissheit nichts verlieren und nur gewinnen zu können, vertraut sich Faust ganz der Führung des bösen Geistes an. Durch Zauberkräfte in seine Jugendgestalt zurückversetzt, lernt er nun die Welt von ihrer sinnlichen Seite kennen. Einen vorläufigen Höhepunkt des Genusses erlebt Faust in der Liebe zu Gretchen. Die heimliche Beziehung dauert nicht lange. Mephisto verleitet Faust zu anderen Exzessen. Der Gedanke an die Geliebte lässt Faust aber nicht los. Gegen Mephistos Rat will er sich ihr wieder zuwenden - zu spät, denn die über seine Untreue verzweifelt junge Frau hat ihr gemeinsames Kind getötet und ist zum Tod verurteilt worden. Noch im Kerker versucht Faust, Gretchen zur gemeinsamen Flucht zu überreden, doch sie hat sich bereits für Reue und Sühne und gegen ein Leben an seiner Seite entschieden.

 

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Tartuffe

nach der Komödie von Molière

  

Die Dummen sterben nicht aus, und diejenigen, die von ihnen leben, werden also auch nicht weniger. Während der wohlhabende Orgon aufrichtig daran glaubt, einen geläuterten Menschen in dem Ex-Häftling Tartuffe gefunden zu haben, lebt sein vormals krimineller Hausgast seine bisweilen amoralischen Bedürfnisse voll und ganz aus. Dass sich Orgons Familie darüber empört, stört weder den Hausherrn noch Tartuffe...

 

Molières satirischer Kommentar zu den Erlösungssehnsüchten eines von Besitzerwerb und Besitzstandwahrung moralisch gebeutelten Bürgertums und dessen menschlich-allzumenschlichen Dämonen hat stille hunde zu einer freien Nachdichtung angeregt. Die von der Kritik gelobte Neuproduktion der einstigen Skandal-Komödie entstand 2014 anlässlich des Jubiläums der Uraufführung vor 350 Jahren.

 

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2015


Wo, bitte, geht's zum Gänseliesel?

Eine Revue

  

Göttingen ist eine Reise wert. Aus gutem Grund. Soviel ist klar, wenn leider auch nicht allen, die Ausschau nach einem lohnenden Ziel halten. Und so legen sich seit 125 Jahren Männer und Frauen der Leinestadt mit vereinten Kräften ins Zeug, um In- wie Ausländern die Attraktionen von Stadt und Region nahezubringen. Ihre Geschichte und die Geschichte der von ihnen beworbenen Stadt ist das Thema der Revue, die vom lust- und leidvollen Trommeln für architektonische und andere Schönheiten, Pensionopolis und Kurbadplänen, Ansichtskartenschwemmen, Wandervögelzügen, Festen und Festspielen erzählt.

 

Gemeinsam mit dem Göttingen Tourismus e.V., der Göttinger Stadtkantorei St. Johannis unter der Leitung von Bernd Eberhardt, Schülerinnen und Schülern des Max-Planck-Gymnasiums und des Hainberggymnasiums hat das Team von stille hunde anlässlich des 125sten Geburtstag des Göttingen Tourismus e.V. eine szenisch-musikalische Collage erarbeitet, die an vier Terminen  in der Stadtkirche St. Johannis gezeigt wird.

 

Pressestimme

„Wo bitte gehts zum Gänseliesel“: Der Titel der Göttingen-Revue, die am Freitag in der St.-Johanniskirche uraufgeführt wurde und am Sonnabend noch einmal gezeigt wird, hat sich wie ein roter Faden durch das Stück gezogen. Der musikalische Streifzug durch die touristische Geschichte der Stadt wurde von rund 330 Premierengäste mit kräftigem Applaus bedacht.

Wenn die Stadtkantorei Trios „Da-da-da“ singt, dann ist das schon etwas besonderes. Zu Beginn des Stückes, das sich um eine Theateraufführung dreht, lief es musikalisch etwas getragen an, spätestens nach der Pause aber gewann die Revue dann ordentlich an Schwung. Nicht nur Trio, auch Barbaras Chanson oder die 68er-Hymne „We shall overcome“ oder das Solo „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ ließen die Gäste mitschwingen.

Das Stück, anlässlich des 125. Geburtstags des Vereins Göttingen Tourismus und aufgeführt von Christoph Huber, Stefan Dehler und Maja Müller-Bula, drehte sich um ein Theaterstück. Der Regisseur (Dehler) muss dabei mit allerlei Tücken klar kommen. Weder der Göttinger Regen, noch der Tanz der 32 Gründungsmitglieder des Tourismus-Vereins, weder die Flugzeuge noch die Trabbiparade hat die Requisite parat.

Unterstützt werden die drei Profischauspieler von Schülern des Hainberg- und des Max-Planck-Gymnasisums. Episode für Episode geht es vom späten 19. Jahrhundert über den zweiten Weltkrieg in die Wirtschaftswunderjahre und weiter über die Zeit des Mauerfalls bis ins neue Jahrtausend. Immer hat die Kantorei die passende Musik auf Lager. Und: Egal ober der Kriegsheimkehrer, die englische Touristin oder der moderne Nerd, sie alle wollen wissen, wo es denn nun zum Gänseliesel geht.

Die amüsante  Revue ist gespickt mit Göttinger Eigenarten – es geht auch um die Wurst, Bier und das Temperament der Göttinger. Denn, so meint „Lena“ (Müller-Bula) als bürgerliche Dame der Jahrhundertwende, „die Menschen in Göttingen sind nicht zu überschwänglich aber auch keine kalten Fische“.

Göttinger Tageblatt, 19.September 2015

 


 

 

2016


Dantons Tod

von Georg Büchner

 

Das fünfte Jahr der Revolution hat einen ihrer größten Helden müde gemacht: George Danton, einst Idol der Massen und führender Politiker der jungen Republik, träumt vom Rückzug ins Privatleben. Das von ihm und seinen Anhängern geforderte Ende der massenhaften Hinrichtungen politischer Gegner provoziert die gegnerische Partei der Jakobiner. Deren Anführer Robespierre plant nach der Beseitigung der ultraradikalen Sozialrevolutionäre die Vernichtung des reichen und politisch gemäßigten Bürgertums, dem er die Schuld für die wirtschaftliche Misere anlastet. In Danton erkennt er einen gefährlichen Konkurrenten, der seinem Ziel einer durch Staatsterror geformten "Tugendrepublik" im Weg steht. Während Dantons Anhänger alles daransetzten, ihren widerstrebenden Anführer zu einem rettenden Gegenschlag zu bewegen, gelingt es Robespierres Parteigängern, die Weichen für einen Prozess zu stellen, der schließlich Dantons Tod besiegelt.

 

Der Fokus der Bühnenfassung für drei Darsteller, die auch Schlaglichter auf private und intime Momente im Leben der Revolutionsführer wirft, liegt dabei auf der Konfrontation zweier Machtpolitiker, die dem gemeinsam erstrittenen politischen Ziel, die Republik, auf radikal unterschiedliche Weisen die Zukunft sichern wollen.

 


Othello

nach der Tragödie von William Shakespeare

 

Gegen den Widerstand ihrer Familie heiratet der aus Nordafrika stammende Söldnergeneral Othello die venezianische Senatorentochter Desdemona. Das Eheglück der beiden steht unter keinem guten Stern, denn hinter ihrem Rücken entfesselt Othellos alter Kampfgenosse Jago, der seinem Dienstherrn die Verweigerung einer längst überfälligen Beförderung nicht verzeihen kann, eine Intrige, die auf den guten Ruf Desdemonas zielt. Als Othello vom Senat beauftragt wird, die venezianischen Handelsrouten vor den Seestreitkräften des osmanischen Sultans zu verteidigen, ist Jagos Stunde gekommen. Im Militärcamp auf Zypern gelingt es ihm, in Othello den Verdacht keimen zu lassen, Desdemona setze eine schon in Venedig begonnene Affäre mit einem anderen Mann fort. Tief verunsichert und gequält von einer wachsenden Eifersucht verlangt Othello einen sicheren Beweis für die Untreue seiner Frau. Unter Druck gesetzt verschafft sich Jago ein Indiz, mit dem es ihm gelingt, die Wahrhaftigkeit seines Szenarios glaubhaft vorzutäuschen. Erschüttert trifft Othello eine fatale Entscheidung...

 
stille hunde hat den 400sten Todestag William Shakespeares zum Anlass genommen, die berühmte Tragödie um grenzenleugnende Liebe, gekränkten Ehrgeiz, Rache und blindmachende Eifersucht in einer zeitgemäßen Form nachzuerzählen. 

 

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2017


Moringer Bürgertheater interkulturell: Ein Sommernachtstraum

frei nach Motiven von William Shakespeare

 

Shakespeares tragikomische Sommernachtsfantasie rund um Adelshochzeit und Elfenkrieg zeigt Menschen im Aufbruch: Junge Liebende flüchten aus der Enge ihrer Heimatstadt hinaus in die Wildnis, wo Freiheit und Selbstbestimmung locken, und eine engagierte Laienspielgruppe hofft auf künstlerische Eingebungen in der unberührten Natur. Die Wege führen jedoch weder die leidenschaftlich Liebenden noch die leidenschaftlichen Dilettanten geradlinig zum Ziel. Vor der Erfüllung ihrer Wünsche stehen den Mutigen einige Bewährungsproben im von Naturgeistern beherrschten nächtlichen Wald bevor...

 

Gemeinsam haben geflüchtete Menschen, Moringer Bürger/innen und Schüler/innen der KGS Moringen unter der Leitung von stille hunde ein Theaterstück frei nach Motiven aus Shakespeares berühmter Komödie erarbeitet. Getragen wird das Projekt vom teatro regio e.V. in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshilfe und mehr in Moringen e.V., gefördert von den Sponsoren der KGS, dem Landschaftsverband Südniedersachsen e.V. und der Lotto-Sport-Stiftung.

 


Pinocchio - Die abenteuerliche Geschichte eines Holzkopfs

nach dem Buch von Carlo Collodi

 

Am Anfang ist das Holz - kein gewöhnliches Brennholz, sondern ein Scheit, dem irgendeine Zaubermacht ein anarchisches Wesen eingepflanzt hat. Weil das Holz kein Tischbein werden will, wehrt es sich mit Schlägen gegen die Bearbeitung durch den Schreiner Kirsche. Erst dem Schnitzer Geppetto gelingt es, aus dem Klotz einen schönen Hampelmann zu fabrizieren, der - oh Wunder! - von der Werkbank springt, lacht, spricht und sich leider aber auch als unbelehrbarer Holzkopf zeigt. Denn er läuft davon und gerät in die Fänge von Despoten, Gaunern und Verführern, solange, bis er ein wenig klüger geworden ist...

 

Das Stück, das den Humor und die Fabulierkunst des Originals aufgreift, ist für Kinder ab 6 Jahren geeignet, richtet sich aber auch an ein erwachsenes Publikum, das Spaß an satirischem Witz und poetischer Ironie hat.

 


 

 

2018


Bürgertheater Moringen interkulturell: Faust

frei nach Motiven von Johann Wolfgang von Goethe

 

Der liebe Gott ist zum Wetten aufgelegt. Er lässt sich auf ein Spielchen mit dem Teufel ein. Der will beweisen, dass der Mensch an sich schwach ist. Als Kandidaten wählen sie Heinrich Faust, einen alten Gelehrten, der an den Grenzen des menschenmöglichen Wissens verzweifelt. Der Plan des Teufels scheint aufzugehen, als der Alte ihn als zaubermächtigen Diener annimmt. Körperlich verjüngt beginnt für Faust ein neues Leben. Sein intellektueller Ehrgeiz endet jedoch, als er dem Mädchen Margarethe begegnet und beide sich ineinander verlieben. Ihre heimlichen Treffen haben jedoch schlimme Folgen...

 

Gemeinsam haben geflüchtete Menschen aus Syrien und Eritrea, Moringer Bürgerinnen und Bürger, Schülerinnen und Schüler der KGS Moringen unter der Leitung von stille hunde ein Theaterstück frei nach Motiven aus Goethes berühmtem Drama erarbeitet.

 


Don Juan

nach der Komödie von Tirso de Molina

 

Der in der internationalen Modeszene gefeierte Fotograf Juan Tenorio schert sich wenig um Konventionen, beruflich und privat. Seine Ehe mit der reichen Erbin Ana betreibt er seit Jahren als offene Zweierbeziehung. Ungeniert bedient er sich an Firmengeldern und am Vermögen seines Schwiegervaters, um sich seinen professionellen und erotischen Eskapaden hingeben zu können. Allerdings ist ihm und seinem Handlanger Catalinón im Laufe der Jahre in der gekränkten Ehefrau eine Todfeindin erwachsen. Die Situation spitzt sich zu, als Anas Vater im Sterben liegt und die Geldflüsse zu versiegen drohen. Nichtsdestotrotz setzt Juan seinen Lebenswandel fort - und geht sehenden Auges das Risiko einer Katastrophe ein. 


Die Neufassung der um 1600 in Spanien sehr populären und vom Dramatiker Tirso de Molina erstmals auf die Bühne gebrachten Geschichte des tolldreisten Frauenhelden und Kriminellen verlegt die Handlung in ein Sevilla der Gegenwart und wirft ein satirisches Schlaglicht auf die aktuellen Genderdebatten.

 

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2019


Bürgertheater Moringen interkulturell: Romeo und Julia

nach William Shakespeare

 

Romeo liebt Julia - und Julia den Romeo: leider ein Ding der Unmöglichkeit, denn ihre Familien hassen sich bis aufs Blut. Trotzdem gehen die beiden - mit tatkräftiger Unterstützung von Freunden - den Bund fürs Leben ein. Aber ein böser Stern steht über ihrem Vorhaben und sorgt für glücklose Verwirrungen bis hin zum tränenreichen Finale.

 

Das interkulturelle Ensemble des Moringer Bürgertheaters hat sich der wohl bekanntesten Liebesgeschichte der Weltliteratur angenommen und ein Stück auf die Bühne gebracht, in dem - ganz im Geist Shakespeares - tragischer Witz und komische Verzweiflung, fantastische Momente und realistische Szenen, drastische Kolportage und feine Poesie, Modernes und Tradition gleichberechtigt nebeneinander stehen und zusammen ein großes, unterhaltsames Ganzes ergeben. Die Mixtur aus Krimi, Seifenoper, Pubertätsdrama und Gesellschaftssatire ist bereits die dritte Produktion, die der teatro regio e.V. mit der finanziellen Unterstützung zahlreicher Förderer gemeinsam mit dem Flüchtlingshilfe und mehr in Moringen e.V. ermöglicht.

 


Bürgertheater der Diakoniestiftung Einbeck: Das kalte Herz

nach Wilhelm Hauff

 

Der junge Köhler Peter Munk will der Armut entfliehen. Seine ganze Hoffnung wirft er auf eine alte Legende. Im festen Glauben daran, dass im tiefen Tannenwald ein wundertätiger Geist haust, das Glasmännlein, das allen an einem Sonntag geborenen Menschen drei Wünsche erfüllt, macht er sich auf den Weg. Weit ab vom Dorf trifft er auf den unheimlichen Holländer-Michel, der ihm einen anderen Vorschlag macht, wie er zu Geld kommen kann. Peter schlägt das Angebot aus, weil er sich daran erinnert, dass erzählt wird, der Holländer-Michel stehe mit dem Teufel im Bund. Es gelingt ihm, das Glasmännlein zu finden. Er wünscht sich Geld und eine Glashütte. Das Glasmännlein gewährt ihm beides, ist aber enttäuscht über Peters Wünsche. Die Erfüllung eines dritten Wunsches schlägt der Waldgeist Peter ab. Als reicher Mann kehrt Peter in sein Dorf zurück. Mit dem Geld kauft er sich eine Glashütte und glaubt sich am Ziel seiner Träume. Aber er ist kein Geschäftsmann. Er verliert Geld mit der Fabrik und am Spieltisch. Vom Bankrott bedroht, erinnert sich Peter an den Holländer-Michel...

 

Im Auftrag der Diakoniestiftung Einbeck haben stille hunde mit Einbecker Bürgerinnen und Bürgern, Schülerinnen und Schülern verschiedener Altersstufen und Geflüchteten aus Syrien auf der Grundlage von Wilhelm Hauffs Märchen eine szenische Erzählung in 23 Bildern erarbeitet. In dem Stück wechseln chorische Passagen mit Spielszenen in Einfacher Sprache ab.

 

Pressestimme

Einen Klassiker von Wilhelm Hauff hat das Bürgertheater der Diakoniestiftung »Nächstenliebe in Einbeck« jetzt zweimal gespielt, vor vollem Haus und mit großem Erfolg: »Das kalte Herz«. Seit mehr als einem halben Jahr haben sich die Beteiligten – Einbecker Bürger, Migranten, Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Senioren – regelmäßig zu diesem Theaterprojekt getroffen, angeleitet von den »stillen hunden« aus Göttingen. Die Präsentation war rundweg gelungen, es gab eine schöne Interpretation des Märchens um den armen Köhler Peter Munk, der als reicher Mann nicht glücklich wird, die mit viel Beifall belohnt wurde. 

Christoph Huber und Stefan Dehler haben als »stille hunde« mit den Mitwirkenden gearbeitet. Die organisatorische Koordination lag bei Mayssam Freitag von den »Neuen Nachbarn«. Huber erläuterte zunächst, dass die Mitwirkenden zwar »wahnsinnig viel Text« gelernt hätten, aber sie wollten auch, dass die »stillen hunde« mitmachten und ihnen ab und zu ein Stichwort zuwerfen würden, schmunzelte er. 

Das war gar nicht oft nötig, denn die Schauspieler brachten ihre Rollen flott auf die Bühne des Gemeindehauses in der Lessingstraße. Hauptperson ist Peter Munk, ein armer Schlucker, dem das Geld zum Spielen und Trinken fehlt. Als »armer schwarzer Peter« wird der Köhler gehänselt. Trost findet er bei seiner Großmutter. Aber Peter ist ein Sonntagskind, und da kann viel passieren. Er will seinem Glück nachhelfen und ruft im Wald den Schatzhauser an, das Glasmännlein; er wohnt im Wald in einer Fichte, und weil er viele Gesichter hat, wurde er auch gleich doppelt besetzt. 

Auf ihn habe er schon lange gewartet, bekommt Peter Munk zu hören. Drei Wünsche sollen dem Sonntagskind erfüllt werden, und Peter sagt, dass er reich werden möchte, damit er sich Haus, Kutsche und Pferde leisten kann. Aber Glück und Glas brechen leicht. Dennoch freut er sich darüber, dass er plötzlich die Taschen voller Geld hat. Davon kann er sich eine Glashütte kaufen, nachdem deren Besitzer verstorben ist. Peters Mutter ist indes nicht glücklich über den plötzlichen Reichtum: »Er ist so dumm«, sorgt sie sich um Peter, der das Geld mit vollen Händen ausgibt. Die Großmutter dagegen betrinkt sich mit dem Enkel. 

Nach dem Motto »Wer kann, der kann« gibt Peter nun mächtig an. Warnungen wie »Ein Dummer kann reich werden, aber nicht reich bleiben« schlägt er in den Wind. Und tatsächlich versteht Peter nichts vom Geschäft, er verschleudert sein Geld, spielt und trinkt. Das Glück bleibt ihm nicht treu, es ist für ihn wie ein Fisch – einfach nicht zu halten. 

Hilfe verspricht da der Holländer-Michel. Er ist sehr reich und auch großzügig, aber er gilt als Cousin des Teufels. Für die finanzielle Hilfe, die er Peter gewähren würde, verlangt er dessen Herz. Das sei der Ofen, auf dem die Suppe der Menschlichkeit gekocht werde. Eine ganze Sammlung von Herzen habe er schon, verrät er. Und Peter werde sich ohne Herz frei, stark und ohne Angst fühlen. Der schlägt ein, und sein echtes wird durch ein steinernes Herz ersetzt, ein Stück Fels, das ihn zugleich ewig jung hält. Dass die Sache einen Haken hat, bemerkt Peter bald: Er friert, und er spürt nichts mehr. »Alle Wunder der Erde sind nichts, wenn man einen Stein in der Brust hat.« Die Bitte, das Herz zurückzutauschen, schlägt der Holländer-Michel aber aus. Der arme Köhler, der sei Peter schon lange nicht mehr. Er solle sich eine schöne Frau kaufen, und er bekommt das Versprechen, dass seine Taschen immer wieder aufs Neue gefüllt werden. 

Dieser Reichtum hat einen emotionalen Preis: Peter bedroht seine Mutter, wird hässlich gegenüber der geliebten Großmutter. Ein Teufel sei aus ihm geworden, stellen seine Mitmenschen fest. Und auch die Braut Lisbeth fürchtet, Peter sei kein Mensch. Als sie großzügig gegenüber Hilfsbedürftigen sein möchte, wird er wütend und erschlägt sie. 

Doch er findet einen Weg, sie – und sich – zu retten: Gegenüber dem Holländer-Michel gibt er vor, das Steinherz sei nicht hart genug, es sei wohl zu Fleisch und Blut geworden. »Du hast mein Herz gekauft, nicht mein Leben«, hält er ihm vor. Er hat eine List ersonnen, indem er bittet, ihm das alte Herz für ein, zwei Minuten zu leihen. Während dieses Austauschs blendet er Michel mit einem silbernen Tannenzapfen, den er vom Glasmännlein bekommen hat, und er schickt ihn zur Hölle. 

Märchenhaft wendet sich alles zum Guten: Lisbeth steht wieder von den Toten auf, und Peter wird der gute Mensch, der er früher war. So ein Tag komme so bald nicht wieder, freut er sich, »da braucht man Kirschwasser, bis einem alles vergeht.«

»Uns hat’s Spaß gemacht«, sagte der Vorsitzende des Kuratoriums der Diakoniestiftung, Michael Büchting, der auch selbst auf der Bühne gespielt hat. Er sprach vorsichtig von einer »Werkschau« und davon, dass man vor zwei Wochen alles absagen wollte. Jetzt sei er aber selbst »baff« gewesen, wie gut es gelaufen sei. 

Diese Zeit habe allen viel bedeutet, die gemeinsamen Monate des Probens hätten die Teilnehmer zusammengebracht. Sie konnten sich besser kennenlernen, offen aufeinander zugehen und einander verstehen: »Das war die Zeit wert.« Insbesondere dankte er Christoph Huber und Stefan Dehler für ihre Unterstützung, ohne die dieses Projekt nicht gelungen wäre. 

Der Spaß der Mitwirkenden, die ihre Rollen mit großer Spielfreude sehr gut ausfüllten, übertrug sich auch auf die Zuschauer, und sie geizten am Ende nicht mit Applaus. 

Einbecker Morgenpost, 19.Juni 2019

 


 

Stand: 24.05.2021